Gendern konsequent unterbinden – Kommunikation in regelkonformer Sprache

Elke-Annette Schmidt

Sehr geehrte Präsidentin,
sehr geehrte Kolleg*innen Landtagsabgeordnete,
und wieder grüßt das Murmeltier, möchte man sagen bei diesem Antrag der AfD-Fraktion.
Der nichts anderes ist als ein weiterer Beweis dafür, dass diese Fraktion keinerlei Interesse an
einem Abbau gesellschaftlicher Diskriminierungsstrukturen hat.
Mal wieder wird das „ach so böse Gendern“ durchs Dorf getrieben, mal wieder wird der
Genderstern zum Symbol des absoluten Bösen verklärt. Ja selbst vor dem längst veralteten
Binnen-I fürchten sie sich noch, die vielen Herren und wenigen Damen der AfD.
Das Für und Wider einer geschlechtergerechten Sprache wird in der Öffentlichkeit und auch
im Privaten mal mehr und mal weniger hitzig diskutiert. Das ist richtig so, solche
Aushandlungsprozesse machen den gesellschaftlichen Wandel in einer demokratischen
Gesellschaft aus.
Die Ministerin ist sehr ausführlich auf den Zusammenhang zwischen Sprache und Wandel
bzw. Weiterentwicklung eingegangen, ich möchte noch einmal auf den grundsätzlichen
Ansatz des Themas eingehen.
Eine diskriminierungsarme Sprache hilft dabei, strukturelle Benachteiligungen abzubauen und
eine gesellschaftliche Atmosphäre der gegenseitigen Anerkennung und Akzeptanz zu
schaffen. Es stärkt die Demokratie in unserem Land, wenn wir Vielfalt und Chancengleichheit
zulassen und fördern, statt sie durch die Ablehnung geeigneter sprachlicher Mittel zu
behindern. Und genau das beinhaltet dieser Antrag – die Ablehnung Chancengleichheit und
Diskriminierungsfreiheit und damit die Ablehnung unserer demokratischen Grundwerte!
Sie fordern hier allen Ernstes, dass wir es unseren Schulen, Hochschulen und Universitäten
per Verordnung verbieten sollen, diskriminierungsarme Sprachformen zu verwenden? Also,
das schlägt dem Fass den Boden aus!
Schulen, Hochschulen und Universitäten sind Orte, an denen neben fachlichem Wissen auch
und insbesondere gesellschaftliche Werte vermittelt werden, wo man sich zu demokratischen
Leitbildern und Kernaufgaben verständigt hat.
In Sachen diskriminierungsarmer Sprache hat das zum Beispiel die Universität Rostock mit
einem Leitfaden getan. Ähnliche Aussagen finden sich in ähnlichen Leitfäden auch an den
anderen Unis und Hochschulen des Landes.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
aus gutem Grund hat die Politik nicht das Recht, in die Hochschulfreiheit einzugreifen. Nach
Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetzes sind Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre in
der Erfüllung ihrer verfassungskonformen Aufgaben frei. Das ist im Übrigen auch in unserem
Landeshochschulgesetz so geregelt. Die Hochschulen und Universitäten geben sich ihre
Vorgaben selbst, ganz ohne Zutun der Landespolitik. So hat beispielsweise der Senat der
Universität Greifswald in seiner Sitzung vom 17. April 2019 die Umsetzung der
geschlechtergerechten Sprache beschlossen. Und das ist gut so.
Da haben wir als Gesetzgeber per Verordnung gar nichts zu regeln, das dürfen und wollen wir
auch nicht.
Eine weitere Unverfrorenheit dieses Antrags ist die wissentlich falsche Behauptung, dass
„Mündliche und schriftliche Leistungen schlechter bewertet würden“, wenn sie im
generischen Maskulinum verfasst sind.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und stichprobenartig in die Prüfungsordnungen
geschaut.: Nirgends konnte ich auch nur den leisesten Hinweis finden, dass die verwendeten
Sprachformen in die Leistungsbewertung miteinzubeziehen sind! Die unterstellten Einflüsse
sind schlichtweg nicht da, sie werden von der AfD ganz bewusst herbeigeredet.
Aber wissen Sie was, sehr geehrte Abgeordnete, ich ärgere mich darüber nicht mehr. Denn
etwas stimmt mich wirklich froh und zuversichtlich: Junge Menschen gebrauchen heutzutage
sehr unkompliziert und selbstverständlich diskriminierungsarme, geschlechtergerechte
Sprachformen. Ihnen kommt die Sprechpause nach Sternchen oder Doppelpunkt ganz
selbstverständlich über die Lippen.
Dass das älteren Menschen noch schwerer fällt, ist völlig normal, denn alte Gewohnheiten
abzulegen wird mit zunehmendem Alter meistens schwerer. Da wünsche ich mir von den
Jungen etwas mehr Geduld und von den Alten etwas mehr Offenheit für Neues. Denn Sprache
war schon immer in Bewegung, sie entwickelt sich ebenso weiter wie auch wir mit ihrem
Gebrauch.
Mit der Erlaubnis der Präsidentin möchte ich mit einem Zitat des Generalintendanten des
Mecklenburgischen Staatstheaters, Hans-Georg Werner, schließen, und darauf hinweisen,
dass die Sprechpause im Wort The-ater, wohl noch niemandem als unzumutbar aufgestoßen
ist.:
„Sprache ist ein scharfes Schwert. Nimmt man es mit ihr genau, kann sie die Sicht auf unsere
Wirklichkeit verändern. Verwendet man sie unscharf oder manipulativ, vernebelt sie die
Wahrnehmung.“
In diesem Sinne lehnen wir ihren Antrag selbstverständlich ab