Übergangspflege im Krankenhaus zur Regelleistung machen

Torsten Koplin

Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
„Das Wohl und die Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten jeden Alters sind ein
hohes Gut, das nicht durch regulatorische Vorgaben unterlaufen werden darf.“
So beginnt der gemeinsame Antrag der Koalitionsfraktionen, der Ihnen auf Drucksache
8/1949 vorliegt. Hintergrund ist die Übergangspflege im Krankenhaus, die mit der
Pflegereform 2021 beschlossen und unter § 39e SGB-V als neue Leistung der gesetzlichen
Krankenversicherung zum 1. Januar 2022 eingeführt wurde. Anspruch auf die
Übergangspflege im Krankenhaus für bis zu zehn Tagen haben Patientinnen und Patienten im
Anschluss an eine Krankenhausbehandlung, wenn Pflegeleistungen erforderlich sind, aber
keine freien Plätze in einem Pflegeheim der näheren oder weiteren Umgebung zur Verfügung
stehen. Angewiesen darauf sind insbesondere, aber nicht nur, Alleinlebende, wenn es zudem
kein familiäres Hilfenetzwerk gibt, dass diese Aufgabe bzw. deren Organisation übernehmen
kann. Es handelt sich hierbei wie gesagt um eine Leistung der Krankenkasse und nicht der
Pflegekasse.
Diese Übergangspflege im Krankenhaus beinhaltet:
• die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln,
• die Aktivierung der versicherten Person, also geeignete Therapien,
• die Grund- und Behandlungspflege,
• die Unterkunft und Verpflegung
sowie eine erforderliche ärztliche Behandlung und das Entlass-Management.
Das Entlass-Management im Krankenhaus hat bzw. hätte zehn Tage Zeit, um die Verlegung
in eine Pflegeeinrichtung der Wahl der Patientin bzw. des Patienten zu organisieren, wenn
dies als erforderlich angesehen wird. So weit, so gut – oder auch nicht.
Denn die Sache hat einen Haken.
Im Rahmen des letzten Altenparlamentes und in der Anhörung im Sozialausschuss am 30.
November 2022 zum Thema „Pflege im ländlichen Raum“ wurde berichtet, dass bis zu
diesem Zeitpunkt der Anspruch auf eine zehntägige Übergangspflege von keinem
Krankenhaus in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt wird.
Warum war das so? Weil es sich zwar seit dem 1. Januar 2022 um einen gesetzlichen
Anspruch der Patientinnen und Patienten handelt, aber nicht um eine Pflicht der
Krankenhäuser, diese Leistung auch tatsächlich erbringen zu müssen. Zudem war bis vor
wenige Wochen in unserem Bundesland noch völlig unklar, welche Kosten den
Krankenhäusern erstattet werden, da es noch keine Rahmenvereinbarung zwischen den
Kassen in M-V und der Krankenhausgesellschaft des Landes gab. Die Vereinbarung auf
Bundesebene wurde am 31.10.2021 geschlossen. Nun gibt es die erforderliche Vereinbarung
über die Kostenerstattung seit Ende Februar 2023 auch in M-V – also 14 Monate nach dem
Rechtsanspruch, aber das Problem ist leider immer noch nicht gelöst. Die Krankenhäuser
können erst dann die Leistung erbringen und bekommen sie erst dann vergütet, wenn in 20
Pflegeeinrichtungen des näheren und weiteren Wohnumfeldes keine freien Kapazitäten
nachgewiesen werden können. Zudem muss die Suche aufwändig dokumentiert und auch
während der zehntägigen Übergangspflege fortgesetzt werden und wenn die Übergangspflege
im Krankenhaus erbracht werden soll, dann geht das natürlich nur mit einem Antrag.
Und, sofern weniger geeignete Anschlussversorger im Umkreis verfügbar sind, hat das
Krankenhaus alle verfügbaren geeigneten Anschlussversorger zu kontaktieren. Im Übrigen,
und das sei nur am Rande erwähnt, haben weder der Gesetzgeber noch die Selbstverwaltung
bundeseinheitliche Vergütungssätze vorgegeben.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
die Einführung der Übergangspflege wird damit zu einem weiteren Beispiel aus der Rubrik
„gut gemeint“. Die Patientinnen und Patienten müssen der Pflegeeinrichtung mit freien
Kapazitäten übergeben werden, auch wenn sie das nicht wollen, und den Krankenhäusern
wird ein Bürokratiemonster erster Güte auferlegt. Wir, die Koalitionsfraktionen, sehen
dringenden Handlungsbedarf im Interesse der Patientinnen und Patienten in unserem Land
und bitten die Landesregierung im Sinne des Antrags tätig zu werden.
Vielen Dank.