Torsten Koplin

zur Beratung des Antrages der Fraktion der NPD: Deutsches Kulturgut im Land behalten

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,


die Nationalisten in diesem Hause, setzen sich für Kulturgut ein. Für „deutsches Kulturgut“, wie Sie sagen. Und Sie verweisen auf die Übergabe von 200 Fundkomplexen aus den Beständen des Kulturhistorischen Museums Stralsund an das Nationalmuseum Szczecin.
Ob die NPD wohl erfasst hat, dass man wegen ihres Alters dieses Kulturgut schlechterdings als „deutsches Kulturgut“ bezeichnen kann. Allein der „Stolper Bär“, von dem hier bereits gesprochen wurde, ist ca. 6000 Jahre alt.
Historisch korrekt eingeordnet, geht es um frühslawische Fundstücke. Das aber zu sagen, widerspräche der durchsichtigen Absicht der Antragsteller.
Die Kunst- und Kulturgüter dienen den Nationalisten als Instrument. Als ein Instrument, um ihre völkische Ideologie zu entstauben.
Dass der Antrag eine braune Seele und einen nazistischen Geist hat, will ich an fünf Punkten beweisen.


1. Die wohlgesetzten Worte in Antrag und Begründung verdeutlichen Revanchismus und
die Ignoranz völkerrechtlicher Verträge.
Worte, wie „das offizielle Ende des 2. Weltkrieges“ oder „Mitteldeutschland“,
kommen nicht von ungefähr in diesen Antrag.
Sie sind und müssen im Zusammenhang mit dem Parteiprogramm der NPD gesehen
werden. Dort heißt es: „Deutschland ist größer als die Bundesrepublik! … Wir fordern
die Revision der nach dem Krieg abgeschlossenen Grenzanerkennungsverträge.“
Und weil Sie das fordern, unterschlagen Sie einfach mal eben, dass es für den wohl
abgewogenen Umgang mit Kulturgut völkerrechtliche Verträge gibt.
Für die in Rede stehende Übergabe der Fundgegenstände galt nicht Willkür, wie die
NPD weiß machen will, sondern Artikel 28 Absatz 3 des Vertrages über gute
nachbarschaftliche Beziehungen mit der Republik Polen.
Aber an letzteren liegt Ihnen von der NPD bekanntlich nichts.

2. Mit Ihrem Antrag entkleiden Sie geschichtliche Abläufe von Ursache und Wirkung
Im Begründungstext heißt es: „Diese Evakuierungen dienten dem Schutz der
Kulturgüter vor Raub und fremden Zugriff.“
Deutschland hat einen verbrecherischen Krieg begonnen und unsägliches Leid über
die halbe Menschheit gebracht. Das ist die Ausgangsposition.
Über eine halbe Million sowjetische Museumswerke wurden während des 2.
Weltkrieges gestohlen und zerstört. Nazi–Größen, die nicht selten von NPD und
Kameradschaften glorifiziert werden, hatten systematisch Kunstraub betrieben. Im
faschistisch okkupierten Polen war eigens eine Haupttreuhandstelle Ost eingerichtet.
Von privaten Beutezügen deutscher Beamter, Polizisten und Militärs ganz zu
schweigen.
Ihnen, von der NPD, sollten solche Worte wie „Raub“ und „fremder Zugriff“ im
Munde verdorren.

3. Ihr Antrag ist in der Substanz unredlich.
Sie suggerieren, die Stralsunder Museumsstücke wären, so wörtlich, „in einer Nachtund
Nebelaktion“ davon gekommen.
Mal nicht nur nebenbei: „Nacht- und Nebelaktion“ ist typischer SA-Jargon. Sprache
verrät denken, meine Damen und Herren.
Hier schwadronieren nicht „Historikerbanden“, wie es die NPD mystisch behauptet.
Hier verhandeln Experten auf solider rechtlicher Basis.
Die Verhandlungen über den Umgang mit dem Kulturgut laufen seit 1999. Es handelt
sich um ein wohl abgewogenes Umgehen und jeweils um den Einzelfall.
Von polnischer und deutscher Seite geht es um klare Kriterien:
a) um die Wiederherstellung von Sammlungszusammenhängen, die durch die Folgen den
2. Weltkrieg zerrissen wurden.
b) Um die Verbesserung der archäologischen Forschungsgrundlagen.

4. Ihr Antrag ist in der Sache die Wahrheit verfälschend.
Sie verschweigen absichtsvoll, dass es sich tatsächlich um einen Kulturaustausch
handelt. Während 200 Fundkomplexe von Stralsund nach Szczecin wechseln, kommen
5000 archäologische Belegstücke einschließlich dazugehöriger wissenschaftlicher
Dokumentationen nach Schwerin und Stralsund.
Der Leiter des Landesarchivs Greifswald sagt hierzu in der FAZ vom 30.05.08: „Wir
wissen kriegsbedingt kaum etwas über die Archäologie in Vorpommern. Für die
wissenschaftliche Arbeit sind die Bodenfunde aus Stettin von herausragender
Bedeutung.“


Eine solche Würdigung kommt Ihnen nicht über die Lippen, denn

5. Ihr Antrag soll unsere polnischen Nachbarn verächtlich machen.
Der Austausch der Kulturgüter wird benutzt, Polen als diejenigen hinzustellen, die die
Hand gierig nach deutschem Eigentum auszustrecken.
Und so ätzt es denn auch aus dem „Stralsunder Boten“, deutsches Eigentum befinde
sich jetzt im „polnisch verwalteten Stettin“.


Somit sind wir an dem entscheidenden Punkt. Ihr Antrag ist kein aus Sorge getragener kulturpolitischer Antrag. Genau besehen ist es gar kein kulturpolitischer, sondern ein ideologischer Antrag.
Es ist ein Antrag, der ein Doppelziel verfolgt: Zum einen soll er Hass, Neid und Missgunst zwischen friedlichen Nachbarn säen. Zum anderen soll er die Verbrechen des Faschismus verharmlosen.
Für die demokratischen Parteien ist das friedliche Zusammenleben der Völker in Europa das höchste Gut.
Die demokratischen Parteien in diesem Hause wenden sich entschieden gegen jede Form der Relativierung und Verharmlosung faschistischer Verbrechen.
Wir lehnen Ihren Antrag samt seinem braunen Ungeist ab! Rigoros!