Sonderurlaub für Polizeibeschäftigte der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern im Ermittlungsbereich der Kinderpornographie nach dem Vorbild Niedersachsens

Michael Noetzel

Meine Damen und Herren,
dieser Antrag ist zweifelsohne wichtig – auch um allen Beamtinnen und Beamten, die in diesem hochstrapazierenden Bereich arbeiten, unsere Wertschätzung auszudrücken. Insofern kann ich der Feststellung der CDU-Fraktion zustimmen: „Die Polizeibeschäftigten [...] im Bereich der Ermittlungen von Kinderpornographie leisten Unvorstellbares.“ Es ist auch richtig, dass das unermessliche Leid, mit dem sich die Beamtinnen und Beamten jeden Tag auseinandersetzen müssen, nur schwer zu kompensieren ist. Es braucht eine besondere Anerkennung und Wertschätzung. Auch in diesem Punkt kann ich Ihnen zustimmen.
NUR: meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion,
die Polizeibeschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern, die an der Aufklärung von Straftaten im Bereich der Kinderpornographie beteiligt sind, erhalten bereits eine besondere und mehr als gerechtfertigte Anerkennung – und zwar in Form einer Sonderzulage. Man kann mit Sicherheit darüber diskutieren, ob diese hoch genug ist oder nicht. Aber Fakt bleibt: die Landesbeamtinnen und -beamten erhalten für ihre belastende Arbeit eine gesonderte Wertschätzung. Fakt ist auch, ihre Kolleginnen und Kollegen aus Niedersachsen erhalten diese Zulage nicht.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion,
zur Wahrheit gehört, dass sich sowohl die Gewerkschaften als auch der niedersächsische Innenminister eine Sonderzulage für Beamtinnen und Beamte im Ermittlungsbereich der Kinderpornographie gewünscht hätten. Und zur Wahrheit gehört auch: es war ihr Parteikollege, der CDU-Finanzminister Reinhold Hilbers, der diese Träume mit ziemlich kühlen Worten platzen ließ und damit den Unmut und massive Kritik der Landesbeschäftigten auf sich zog. So wetterte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Niedersachsen, Dietmar Schilff, in einer Pressemitteilung vom 22. Januar 2022 (ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin): „Wir sind fassungslos über die Sichtweise des Ministers [des CDU-Finanzministers] auf die Polizei, aber insbesondere auf die unfassbare psychische Belastung der Sachbearbeiter/-innen bei der Auswertung von Bildern und Filmen schlimmsten Kindesmissbrauchs. Man kann diese belastende Arbeit mit Geld sowieso nicht abgelten.

Dennoch müsste es das Mindeste sein, die Erschwernis der in diesem Bereich tätigen Ermittler/-innen mit einer geringen Zulage ein wenig wertzuschätzen.“ Mit Blick auf andere Länder lobt der GdP-Vorsitzende hingegen, dass es – ich zitiere – „in anderen Ländern wie NRW oder Mecklenburg-Vorpommern zusätzlich noch die geforderte Erschwerniszulage im hier diskutierten Ermittlungsbereich“ gibt.
Also, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion,
Mecklenburg-Vorpommern steht nicht schlecht da, wenn es um die Anerkennung dieser besonderen Arbeitsbelastung geht. Diese Sonderzulage ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen der Landesregierung – in erster Linie des Innenministeriums und des Finanzministeriums – und den Polizeigewerkschaften. Damit ist dieses Verhandlungsergebnis im Interesse der betroffenen Beamtinnen und Beamten getroffen worden und wir sollten dieses anerkennen. Der Sonderurlaub, den Niedersachsen nun auf den Weg bringt, ist dagegen vielmehr ein Kompromiss, der notwendig geworden ist, um einerseits den Kolleginnen und Kollegen eine Anerkennung zukommen zu lassen und anderseits die Blockade des CDU-Finanzministers zu umgehen.
Wenn Sie mit Ihrem Antrag also suggerieren, dass Mecklenburg-Vorpommern in diesem Bereich hinterherhinkt, ist das nicht richtig. Es sind zwei unterschiedliche Wege, die beide Länder gehen. Allerdings: zwei Wege mit demselben Ziel – die Entlastung und Wertschätzung für diese psychisch belastende Arbeit.

Meine Damen und Herren,
falls Sie einwenden sollten, dass es zur Sonderzulage zusätzlich Sonderurlaub geben sollte, sei mir eine Anmerkung erlaubt: die bloße Forderung ist legitim, insbesondere wenn man sich zum Interessenvertreter für die betroffenen Beschäftigten aufspielen möchte. Aber Sie sollten dann dringend darauf achten, nicht dem Bild einer Zweiklassengesellschaft innerhalb der Landespolizei Vorschub zu leisten, was zum Unmut in der Gesamtbelegschaft führen würde. Denn auch Ermittlerinnen und Ermittler in den Mordkommissionen müssen sich mit sehr belastenden Fällen auseinandersetzen. Auch forderten die Gewerkschaften in Niedersachsen in diesem Zusammenhang explizit, eine Sonderzulage für Polizeibeamtinnen und -beamte, die an Leichenschauen und -öffnungen beteiligt sind. Exakt auf diese entstandenen Schieflagen, die sich infolge einer Privilegierung verstärken, wies auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter hin, nachdem Nordrhein-Westphalen eine Sonderzulage einführte: „Die Personenschützerinnen und -schützer, Kolleginnen und Kollegen, die Ermittlungs- und Mordkommissionen leiten oder ständig mit Leichen umgehen müssen sowie diejenigen, die ihr Privatleben aufgrund beruflicher Erfordernisse komplett abschotten müssen, weisen schon seit vielen Jahren berechtigt darauf hin, dass bei den Zulagen etwas in Schieflage geraten ist.“ Wir sollten bei solchen Forderungen, die in Form von Zulage und Sonderurlaub eine doppelte Privilegierung nach sich ziehen, Vorsicht walten lassen und andere Gruppen innerhalb der Landespolizei nicht aus den Augen verlieren.
Aber wo will man anfangen, wo aufhören?
Sind es nicht gerade die normalen Streifenbeamtinnen und –beamte, die die ersten an Tatorten oder bei Unfällen sind und dort mit unfassbaren Bildern und Leid konfrontiert sind?

Meine Damen und Herren,
wir werden in einem stätig fortlaufenden Prozess nach Möglichkeiten suchen, um die Beschäftigten der Landespolizei, insbesondere in äußerst belastenden Bereichen, zu unterstützen und zu entlasten. Hierzu gehört es auch, zu schauen, ob der Empfängerkreis der Sonderzulage mit den tatsächlichen Erfordernissen übereinstimmt.
Heißt:
Bekommen alle, die mit Ermittlungen in diesem Bereich betraut sind, diese Zulage?
Gibt es darüber hinaus Verbesserungsbedarf in der Aus- und Fortbildung für Ermittlungen im Bereich der Kinderpornographie?
Inwiefern können die Beschäftigten durch zusätzliche Einstellungen, insbesondere von IT-Experten, entlastet werden?
Wie kann der Zugang vereinfacht werden, um während der Dienstzeit das Erlebte in psychologischen Beratungen oder in Supervisionen aufzuarbeiten?
Und ja, es gibt hier positive Entwicklungen, wie die baldigen Neueinstellungen im LKA belegen. An diesen Maßnahmen werden wir weiterarbeiten.
Ihr Antrag ist dafür, wie ich ausgeführt habe, nur wenig geeignet und deswegen werden wir ihn ablehnen.