MdL Torsten Koplin - Drucksache 5/4420

Torsten Koplin

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

wer, so möchte ich zu Beginn der Einbringung unseres Antrages fragen, wer trägt Verantwortung für die Kultur?

Die Antwort, und da sind wir uns sicherlich einig, muss lauten:

Wir, wir alle. Die Bürgerinnen und Bürger, die Kulturschaffenden wie die Nutzer, die Autorinnen und Autoren wie die Verlage, die Künstlerinnen und Künstler wie die Museen und Galerien, die Vereine und Verbände, die Kirchen und die Medien, die Parteien und der Staat.

Der Staat nicht zuerst, aber ganz gewiss auch nicht zuletzt.

Der Staat ist nach unserem Verständnis nicht für Kunst und Kultur zuständig, jedoch maßgeblich für die Bedingungen,

unter denen sie gedeihen können.

Er trägt die kulturpolitische Verantwortung für die Rahmenbedingungen, in denen sich die Gesellschaft

wie der Einzelne entfalten kann.

Der Kulturförderung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, sie ist eine wichtige Komponente der besagten Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur.

Wie steht es um die Kulturförderung hierzulande?

Meine Fraktion schätzt die für Kulturförderung in den Landeshaushalt eingestellten 9,5 Mio. Euro nicht gering.

Dass wir sie dennoch für nicht ausreichend halten, steht auf einem anderen Blatt.

Auch, dass in diesem Jahr zwei Drittel aller auf dem Gebiet

der Kultur gestellten Förderanträge berücksichtigt wurden,

findet unsere Anerkennung.

Zugleich wissen wir, dass so mancher Antrag aufgrund vermeintlich bzw. tatsächlich geringer Erfolgsaussichten gar nicht erst gestellt wird.

Die Höhe der im Landeshaushalt eingestellten Mittel

für Kulturförderung oder die Anzahl der beantragten und bewilligten Förderanträge liefern kein vollständiges Bild über die hiesige Kulturförderung.

Ein ganz anderes Bild zeichnen die Zustandsberichte in den Medien. Da stößt man auf Schlagzeilen, die Ungutes ahnen lassen. „Bibliotheken- Sterben in MV“,

titelt die OZ am 16.09.2008.

„Verband: Kleine Museen in finanzieller Schieflage“, heißt es am 09.10.2009 in derselben Zeitung.

Die SVZ wählt für ihren Artikel über Kulturförderung, besser gesagt, Kulturnichtförderung am 23.03.2011 die Überschrift „Aufstand der Kunstvereine“.

Um authentisch zu erfahren, wie es um die Kulturförderung steht, fragt man am Besten die Kulturschaffenden selbst.

Das tat denn auch jüngst der Fachausschuss.

Die Antworten der Sachverständigen auf die Fragen der Abgeordneten waren für das zuständige Ministeriumalles andere als schmeichelhaft.

Das Bildungsministerium ließe es bei der Kulturförderung

an Transparenz fehlen, hieß es da.

Die Kriterien der Förderung wären nicht nachvollziehbar.

Es sei undurchsichtig, wie man im Ministerium zu den Entscheidungen für oder gegen einen Förderantrag käme.

Hinzu käme, dass der Aufwand für die Beantragung von Fördermitteln ständig steigen würde.

Geradezu Existenz bedrohend sei die verspätete Projektförderung innerhalb des jeweiligen Haushaltsjahres. Einzelne Projekte würden so beständig Gefahr laufen wegzufallen. Kulturschaffende wären somit geradezu gezwungen, private Risiken einzugehen.

Neben all dem sei ein schleichender Rückgang der Fördermittelhöhe festzustellen. Dieser käme für viele Kulturinitiativen einem Tod auf Raten gleich.

Einige Kulturschaffende berichteten über fehlende Kommunikation von Seiten des Bildungsministeriums und wünschten sich kompetentere Beratung und Begleitung.

Nach der harschen Kritik der Expertinnen und Experten in eigener Sache an der Kulturförderung des Bildungsministeriums, erfolgten von dort, aber auch von der CDU-Fraktion eiligst beschwichtigende Erklärungen.

Die Kulturförderung sichere Angebote für alle Menschen

im Land, vermeldete die CDU und lag mit dieser Einsicht

genau neben der beschriebenen Problemlage.

Aus dem Ministerium attestierte man den kulturellen Initiativen gar Zufriedenheit und verwies auf die Kulturanalyse des Landes.

Mit dieser ging man seinerzeit anderen Fragestellungen nach, aber was tut man nicht alles aus Verzweiflung, um sich die Wirklichkeit doch noch irgendwie schön zu reden?

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsbank und der Koalitionsfraktionen,

verantwortungsvolle Kulturpolitik sieht anders aus.

Es muss doch vor allem und zuerst um ihren Stellenwert gehen.

Kulturförderung muss als eine Investition in die Zukunft unseres Bundeslandes verstanden werden. „Investitionen in die kulturelle Infrastruktur einer Gesellschaft sind nicht weniger wichtig als Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur der gleichen Gesellschaft“, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert erst kürzlich und zitierte denn auch den Nobelpreisträger

für Wirtschaftswissenschaft Edmund Phelps mit den Worten: „Die Kultur eines Landes ist mitentscheidend für seine wirtschaftliche Performance.“

Wenn diese grundsätzliche Einstellung zur Bedeutung der Kulturförderung erst einmal gewonnen ist, ändert sich auch das Verhältnis zwischen Landespolitik einerseits und Kulturschaffenden und Künstlerinnen und Künstlern andererseits.

Sie sind die kulturellen Leistungsträger und Leistungserbringer. Wenn sie sich aber zu Bittstellern degradiert fühlen, wie es einige vor dem Fachausschuss dargelegt haben,

dann stimmt etwas an der Arbeit des Ministeriums nicht.

Es kommt, sehr geehrte Damen und Herren, also in Fragen der Kulturförderung auf zwei Dinge an, die eng miteinander verbunden sind: ein neues Denken und ein neues Ordnen.

Kultur neu Denken, heißt für meine Fraktion unter anderem:

1.Kulturschaffende und Künstlerinnen und Künstler in unserem Land leisten eine gesamtgesellschaftlich wichtige, sehr wertvolle Arbeit. Sie benötigen alle Unterstützung,

die wir aufbringen können. Orte ihres Wirkens sind offene, demokratische Austauschplattformen und unverzichtbar für eine gedeihliche gesellschaftliche Entwicklung.

2.Kulturelle Leistungen und Güter im Land dienen nicht

der Befriedigung einzelner Interessen. Sie sind Basis für Bildung und kreative Schaffenskraft. Unterstützungsleistungen von Seiten der Politik, insbesondere Kulturförderung muss verlässlich und berechenbar sein.

3.Weder die Dichte noch die Vitalität, weder die Qualität

noch die Attraktivität der Kulturlandschaft unseres Bundeslandes können nachhaltig Bestand haben, wenn nicht die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Die Beförderung der Zusammenarbeit der Kulturschaffenden untereinander sowie eine Verzahnung mit Politik und Verwaltung sind hierfür Voraussetzungen.

Diese wiederum erfordern vor allem Kommunikation und partnerschaftliches Miteinander, also zwei Dinge die nicht viel Geld kosten, aber nachhaltig Wirkung zeigen.

Kultur neu ordnen heißt für die Linksfraktion:

1.Kulturförderung muss transparent und an nachvollziehbare Kriterien gebunden sein. Landesseitig müssen wir allen deutlich machen, an welche Adressaten wir sie richten,

mit welchen Zielen und Grundsätzen die Kulturförderung

des Landes verbunden ist, nach welchen Kriterien gefördert wird und wie die Entscheidungsverfahren von der Sichtung der Förderanträge bis zur Entscheidungsbegründung geregelt sind.

2.Die Kulturförderung des Landes ist um Formen wie „jahresübergreifende Förderung“ und „Sockelbetragsförderung“ zu erweitern. Die Netzwerkförderung ist auszubauen.

Die Arbeit der Landesverbände muss durch institutionelle Förderung abgesichert werden.

3.Im Interesse der Bewahrung und Entwicklung der kulturellen Vielfalt in Mecklenburg-Vorpommern müssen kommunale und Landesebene gemeinschaftlich mit den Kulturschaffenden bei der Kulturförderung eng und partnerschaftlich zusammenarbeiten. Dabei sollen durchdachte und handhabbare Entwicklungskonzepte zugrunde gelegt werden,

um die Nachhaltigkeit von Förderung sicherzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

die LINKE im Landtag geht grundsätzlich an Fragen der Kulturförderung. Die von den Kulturschaffenden geäußerten Kritikpunkte und Vorschläge bieten dabei die Chance,

das zu verstetigen, was gut ist, aber auch die Chance, das zu verändern, was hinderlich und verbesserungswürdig ist.

Der nächste Landtag muss sich neben vielen anderen Herausforderungen auch den kulturpolitischen Herausforderungen stellen.