MdL Michael Noetzel  TOP 16   - Stiftung Klima- und Umweltschutz MV aufheben 

Es gilt das gesprochene Wort! 

 

 

Landtag Mecklenburg-Vorpommern                           07. April 2022 

Fraktion DIE LINKE 

 

MdL Michael Noetzel  TOP 16  

Antrag der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN 

Stiftung Klima- und Umweltschutz MV aufheben 

- Drucksache 8/537 -  

Frau Präsidentin,  

meine Damen und Herren, 

  

die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte, dass dieser Landtag die Landesregierung auffordert, die Stiftung „Klima- und Umweltschutz MV“ gemäß § 87 BGB aufzuheben, weil sie, die Stiftung, das Gemeinwohl gefährden würde. Zur Begründung ihres Begehrens führt die Bündnisgrüne Fraktion nichts weniger als die europäische Friedensordnung und die Erreichung der Klimaschutzziele an.Ja, sogar Artikel 25 des Grundgesetzes wird bemüht. 

Dort heißt es, ich zitiere,„Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ Zitat Ende. 

Spätestens mit Beginn des Krieges, den der russische Präsident Putin gegen die Ukraine begonnen hat, wäre endgültig deutlich geworden, dass es sich bei Nordstream 2 nicht um ein privatwirtschaftliches, sondern schon immer um ein politisches und geostrategisches Projekt gehandelt habe.Und schließlich folgern Sie, dass die Stiftung die europäische Friedensordnung und das Gemeinwohl gefährden würde. 

 

Meine Damen und Herren, 

 

ich bin mir sicher, dass es eine spannende Debatte in diesem hohen Hause und draußen in der Öffentlichkeit geben würde, wenn wir abklären würden, wer und was, die Friedensordnung, nicht nur in Europa, sondern weltweit, sowie die Erreichung der Klimaziele und deshalb also das Gemeinwohl in diesem Staat gefährden würde. Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV gehört mit ziemlicher Sicherheit jedenfalls nicht dazu. Der Jurist sagt: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Nun der Jurist weiß auch, dass es soo einfach leider meistens nicht ist. Ich zumindest habe mir mal die Mühe gemacht in einen Kommentar zum BGB zu schauen. Die Kommentierung zu § 87 BGB ist einigermaßen übersichtlich und es sind sogar Beispiele bzgl. einer Allgemeinwohlgefährdung genannt.  

Allerdings fehlt mir persönlich die Phantasie, wie man bei der Klimastiftung dazu kommen will, dass sie das Allgemeinwohl gefährdet. Der Stiftungszweck – der, der noch übriggeblieben ist – ist der Klimaschutz.  

 

Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,  

wollen sie doch wirklich nicht behaupten, dass dies das Allgemeinwohl gefährdet.  

Und auf welche Art und Weise diese Stiftung der Friedensordnung und der Erreichung der Klimaziele entgegenstehen soll, das müssen Sie schon noch genauer erklären.  Und zum Allgemeinwohl: Das Allgemeinwohl ist in Art. 14 GG definiert, wenig aussagekräftig mit dem „Wohl der Allgemeinheit“, in Abgrenzung zum Wohl des Individuums. ABER das Interessante ist – Art. 14 GG ist der Artikel des Grundgesetzes, der die Eigentumsgarantie sichert und 3 x dürfen Sie raten, wer sich auf die Eigentumsgarantie berufen darf – richtig: Privatrechtliche Stiftungen, wie die Klimaschutzstiftung. Dass sie aus politischen Gründen nicht mehr haltbar ist, das steht auf einem anderen Blatt. Die Stiftung wurde mit Beschluss des Landtags und in dem Wissen errichtet, die Fertigstellung der Pipeline Nordstream 2 zu erreichen. Dieses Vorhaben ist in der Satzung ausgewiesen und nicht verheimlicht worden. Und ich darf Sie alle noch einmal daran erinnern, was der Grund dafür war. Der Grund dafür waren die von den USA angedrohten massiven Sanktionen gegenüber allen am Bau beteiligten wirtschaftlichen Unternehmen. 

Auch das sollte man nicht vergessen, weil es zur ganzen Wahrheit dazu gehört. Genau wie der Umstand, dass die CDU in MV und im Bund zu Nordstream 2 standen und zu guten Beziehungen zu Rußland – aber „dieser Betrachtungsweise will sich die CDU ja nicht anschließen“ oder so ähnlich war ja gestern die Einlassung. Das gab es in den 90ziger Jahren auch – nannte sich „Wendehals“. Nun bekommen wir das gute Fracking-Gas aus den USA oder Öl und Gas aus Katar oder Saudi-Arabien. Was mich ärgert meine Damen und Herren von den Grünen und der CDU ist, dass sie sich nicht ehrlich machen. Die Maßnahmen gegen Russland sind richtig. Punkt. 

Aber wo waren die Forderungen nach dem Abbruch der Beziehungen nach dem völkerrechtswidrigen Angriff der USA auf den Irak oder Syrien? Was ist mit dem Angriff der Nato auf Jugoslawien? Was ist mit den Hingerichteten in Saudi-Arabien? Mit dem Krieg im Jemen? Mit den zu tausenden durch Arbeit vernichteten Menschen in Katar? Welches Menschenleben zählt für sie mehr? Wo ist Grenze, die ihre Doppelmoral noch erträgt? Wir sind abhängig von Gas, Kohle und Öl und es gibt dies alles nicht ausreichend aus demokratischen Ansprüchen genügenden Ländern, wie z.B. Norwegen (obwohl die sich auch an der Bombardierung Lybiens beteiligt haben und dies völkerrechtlich auch fragwürdig war). 

Und zur CDU: 

Wann hat die Ukraine die TEILmobilmachung seiner Streitkräfte erklärt? Zwei Tage vor dem Überfall durch Putin, am Tag der Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk – Warum so spät? Weil sie – anders als die CDU Mecklenburg-Vorpommern, trotz des Aufmarsches zig-tausender russischer Soldaten und der Behauptung der USA zwei Wochen zuvor, dass ein Angriff kurz bevorstehen würde, es sich gerade NICHT vorstellen konnten, dass Putin es wirklich wagt. Und hier geht es auch nicht um Antiamerikanismus. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen und versucht, den legitimen Versuch, das traditionell schwierige Verhältnis zu Russland zu verbessern und zu vertiefen, im Nachhinein zu diskreditieren und daraus politisches Kapital zu schlagen. Das ist unlauter und unehrlich, meine Damen und Herren. 

Doch zurück zu Nordstream 2. Der Bau der beiden Stränge der Pipeline wurde im September 2021 abgeschlossen, die Test-Befüllungen beider Stränge im Oktober bzw. Dezember. Das Zertifizierungsverfahren wurde gestoppt. Die Pipeline kann nicht in Betrieb gehen und ich kann mir auch im Moment nicht vorstellen, dass das jemals passiert. Gedacht war sie, um die Versorgungssicherheit in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu erhöhen und zu helfen, die Preise stabil zu halten, so zumindest lautete die Argumentation der Bundesregierungen seit 2013, dem Beginn der konkreten Planungen und ich brauche nicht daran zu erinnern, wer die Bundeskanzlerin zu diesem Zeitpunkt war und welchem Landesverband sie angehörte. 

Und – wo wir dabei sind: Es war u.a. auch ein CSU-Wirtschaftsminister aus Bayern, der in den 70iger Jahren den Bezug von russischem Gas in die BRD maßgeblich vorangetrieben hat.  

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, 

 

in Kenntnis der Historie des Baus der Pipeline grenzt es schon an Naivität, zu behaupten, erst mit Beginn des Ukraine-Krieges die Bedeutung der Gas-Trasse erkannt zu haben. Wenn die bündnisgrüne Fraktion und möglicherweise auch weitere Unterstützerinnen des Antrags es tatsächlich ernst meinen mit ihrem Antrag, dann müssten Sie, meine Damen und Herren, für einen sofortigen Importstopp von Rohstoffen aus Rußland eintreten, sich gegen den Import von Fracking-Gas aussprechen und gegen jegliche Öl- und Gaslieferungen aus Gebieten, in denen Menschenrechtsverletzungen zu beklagen sind, aber das alles tun sie nicht und sind damit unglaubwürdig. Eine Umweltstiftung, deren Schicksal ungewiss ist, ist weder geeignet noch in der Lage, den Weltfrieden und das Gemeinwohl zu gefährden. Sie schießen hier mit Kanonen auf Spatzen und dabei machen wir nicht mit. Wir lehnen ihren Antrag ab.