Jacqueline Bernhardt: Entwurf eines Gesetzes über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

meine Damen und Herren,

wir reden heute in 2. Lesung zu unserem Gesetzentwurf über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen. Leider ist der Gesetzentwurf nicht in die Ausschüsse überwiesen worden. Wir halten einen entsprechenden Gesetzentwurf aber nach wie vor für nötig. Die jüngste Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes ändert daran nichts, da die Notbremse des Bundes erst ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 greift. Für alles was darunter ist, bleiben die Probleme bestehen. Da greifen die Landesverordnungen und bei ihnen ist halt fraglich, inwieweit sie dem Vorbehalt des Gesetzes und der Wesentlichkeitslehre genügen. Das alles habe ich in der ersten Lesung ausführlich dargelegt und auch die Gesetzesbegründung erläutert das sehr umfassend. Deshalb möchte ich darauf jetzt nicht noch einmal so tief eingehen. Der Landtag muss bei dem Erlass infektionsschützender Maßnahmen stärker eingebunden werden.

Wir hatten hier im Landtag im November interfraktionell eine Regelung gefunden. Diese war gut und sie ist sinnvoll. Aber sie ist nicht verbindlich und genügt auch den Ansprüchen des Vorbehalts des Gesetzes und der Wesentlichkeitslehre nicht.

Hinzukommt, dass sich die Regelung in der Umsetzung nicht immer ganz zufriedenstellend zeigt. Ich denke da etwa an die Regelungen zum Regelbetrieb in den Kitas. Der Landtag beschließt den Regelbetrieb bis zu einer Inzidenz von 50, die Landesregierung entscheidet sich eigenmächtig zu einem Regelbetrieb bis zu einer Inzidenz von 100 um.

Eine Mitteilung darüber erhielt ich erst im Sozialausschuss auf Nachfrage. Ich denke da auch an das Testkonzept in den Kitas vor einem Monat, als die Änderung der Kita-Verordnung Freitagnachmittag vom Sozialministerium zu Montag geändert wurde und Kinder mit leichten Symptomen PCR-Tests vom Kinderarzt vorlegen mussten. Eine Woche später wurde dieses Verfahren aufgeweicht, so dass auch Schnelltests bei den Testzentren etc. möglich waren.

Als Landtag wurden wir da nicht eingebunden. Selbst die Koalitionäre waren sich da nicht einig und schienen von dem geänderten Verfahren nichts zu wissen. In der Presse vom 13.4.2021 war von einem handfesten Koalitionskrach die Rede.

Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,

wenn wir uns schon nicht einig sind, wie sollen das die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern noch begreifen. Deshalb halten wir Transparenz und die Einbeziehung des Landtages für unabdingbar. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Landesregierung alles im Alleingang entscheidet, wenn es dann aber problematisch wird, sich damit rausgeredet wird, der Landtag oder der MV-Gipfel hätten mit im Boot gesessen. Entscheidungshoheit für sich beanspruchen, aber die Verantwortung verteilen wollen, meine Damen und Herren, das funktioniert so nicht.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht für die verbindliche Landtagsbeteiligung ein sehr praktikables System vor. Er geht sogar von der Fiktion einer Zustimmung aus, wenn der Landtag nicht binnen einer Woche widerspricht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Inhalt dieses Gesetzentwurfes scheint aktuell nicht ganz so brennend zu sein. Das liegt aber daran, dass wir fast in allen Landkreisen eine Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 haben und dort die Notbremse des Bundes gilt. Sinken aber die Infektionszahlen, werden auch die Corona-Landesverordnungen wieder mehr an Bedeutung gewinnen. Vor dem Hintergrund von Mutationen und Impfstoff-Engpässen können wir auch nicht ausschließen, dass die Pandemie sich noch über Monate hinziehen wird. Und je länger sie dauert, umso problematischer wird die Reglementierung im Verordnungswege.

Lassen Sie mich bitte mit der Vorstellung aufräumen, es ginge hier um die Frage, ob die Landesregierung mit ihren Corona Maßnahmen inhaltlich immer etwas falsch mache. Darum geht es nicht.

In erster Linie geht es hierbei um Rechtssicherheit. Die Schranken des Gesetzesvorbehalts und der Wesentlichkeitslehre führen dazu, dass eine Verordnung - so richtig und sinnvoll sie inhaltlich auch sein möge - verfassungswidrig sein kann. Dieses Problem wird sich in Zukunft nicht abschwächen, es wird sogar noch stärker zutage treten.

Ich bitte deshalb noch einmal um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.