Henning Foerster: Sicherheit und Perspektiven für Unternehmen und Beschäftigte in der Corona-Pandemie: Durchbruch beim Kurzarbeitergeld

Es gilt das gesprochene Wort!

 

 

Landtag Mecklenburg-Vorpommern                                                                        16.12.2021

Fraktion DIE LINKE.

Aktuelle Stunde

 

Sicherheit und Perspektiven für Unternehmen und Beschäftigte in der Corona-Pandemie: Durchbruch beim Kurzarbeitergeld

(auf Antrag der Fraktion der SPD)

 

Frau Präsidentin,

meine Damen und Herren,

 

Kurzarbeit bedeutet, dass alle oder nur ein Teil der Beschäftigten in einem Betrieb weniger Stunden arbeiten, als sie normalerweise arbeiten müssten. Es kann auch sein, dass in der Kurzarbeit die betroffenen Beschäftigten gar nicht arbeiten. Dann spricht man von „Kurzarbeit null“.

Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit anordnen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen ein kurzfristiger erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, der nicht zu vermeiden ist. Eigentlich trägt er das Risiko dafür, dass im Betrieb genug Arbeit vorhanden ist und müsste im gegenteiligen Fall grundsätzlich den vollen Lohn weiterzahlen, selbst wenn er Beschäftigte nach Hause schickt.

Eine Ausnahme davon ist die Kurzarbeit. Sie dient dazu in einem begrenzten Zeitraum Insolvenzen und die Entlassung von Beschäftigten zu vermeiden. Die betroffenen Beschäftigten erhalten dann entsprechend weniger Lohn und als Teilkompensation Kurzarbeitergeld.

Dieses Instrument hat sich in der Zeit der Corona Pandemie zu einem der wichtigsten Hilfsinstrumente für die Beschäftigten und die Unternehmen entwickelt. Und deshalb sind die Verlängerung des vereinfachten Zugangs und weitere Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, die der Bundestag beschlossen hat, zunächst einmal gute Nachrichten. Die Landesregierung hat dieses Ansinnen, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch entsprechend unterstützt.

 

Meine Damen und Herren,

 

dennoch kann ich nicht umhin, zumindest darauf hinzuweisen, dass aus der Sicht meiner Fraktion noch mehr möglich und auch nötig wäre. Gerade bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Löhne auch schon vor dem Ausbruch der Corona Pandemie deutlich niedriger waren als im Rest der Bundesrepublik Deutschland, sind selbst 70 oder 80 Prozent des bisherigen Einkommens für viele Beschäftigte zu wenig. Ich will das auch gern an Zahlen belegen.

 

Der Nordosten ist das Tourismusland Nummer 1. Etwa sieben Prozent der Erwerbstätigen arbeiten bei uns allein im Gastgewerbe. Das ist einerseits ein Spitzenwert. Und andererseits auch ein Problem.

Denn insbesondere im jetzt wieder akut von den Corona Auflagen betroffenen Gastgewerbe haben wir es häufig mit einem Lohnniveau zu tun, bei dem den Beschäftigten jeder Euro weniger Gehalt und Trinkgeld wehtut.

Deshalb mal ein paar Zahlen dazu. Das Jahresbruttogehalt in der Gastronomie betrug 2020 ca. 19.052 Euro. Da reden wir netto also von rund 1.180 Euro im Monat. In Kurzarbeit bedeutet das ab dem vierten Bezugsmonat ein Nettoeinkommen von 826 Euro und ab dem siebten Bezugsmonat von 944 Euro netto.

Die Betroffenen konnten schon vorher keine großen Sprünge machen. Denn die Mieten sind in den letzten 2 Jahren ebenso gestiegen, wie die Preise für Energie und Lebensmittel. Zudem darf man eine Besonderheit im Gastgewerbe nicht außen vorlassen. Das Trinkgeld. Statistisch gesehen bekommt eine Kellnerin pro Arbeitstag um die 20 Euro Trinkgeld on Top.

Das sind mehr als 400 Euro im Monat zusätzlich. Auch dieses Geld ist weg. Genau deshalb hat sich die LINKE seit langem gemeinsam mit den Gewerkschaften NGG und ver.di für eine andere Lösung stark gemacht. Aus unserer Sicht brauchen wir höhere Sätze beim Kurzarbeitergeld. Denkbar wären beispielsweise 100 Prozent für Mindestlohnbeschäftigte und die Einführung eines Mindestkurzarbeitergeldes von 1.200 Euro.

So könnte man das Armutsrisiko für besonders betroffene Beschäftigte mit ohnehin niedrigen Einkommen deutlich verringern. Dafür werden wir weiterhin streiten. Und bevor jetzt einige neoliberale und konservative Kolleginnen und Kollegen Schnappatmung bekommen, sei noch darauf hingewiesen, dass eine solche Forderung keineswegs ein „Wünsch dir was à la Linkspartei“ ist.

Auf die Gewerkschaften, die ähnliches fordern, hatte ich schon hingewiesen. Und auch der Blick über die bundesdeutschen Grenzen hinaus zeigt, dass Deutschland mitnichten das erste Land wäre, das ein Mindestkurzarbeitergeld einführt. Frankreich, Litauen, Polen, Portugal oder auch Rumänien machen es vor.

Das sind alles Beispiele für Länder, die ein Mindestkurzarbeitergeld eingeführt haben. Für mich beweist das, es ist möglich unseren Instrumentenkasten hier noch zu erweitern. 

 

Meine Damen und Herren,

 

zum Schluss möchte ich allerdings nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass sich die Landesregierung dieser Problematik sehr bewusst ist. Nicht zuletzt deshalb hat sie sich entschieden, die Neustart-Prämie als Instrument zur Teilkompensation des Kaufkraftverlustes von Beschäftigten infolge von Kurzarbeit zu verlängern.

Mit Stand vom 07. Dezember 2021 haben 11.701 Beschäftigte davon profitiert, insbesondere aus dem Gastgewerbe. Das freut mich wirklich und ich möchte die Gelegenheit nutzen, die Unternehmen im Land aufzufordern, diese Möglichkeit für ihre Beschäftigten auch zukünftig umfassend zu nutzen. Denn die Herausforderung fehlender Fachkräfte in der Gastronomie ist hinlänglich bekannt und jedes Instrument, das den Beschäftigten zu Gute kommt, liegt somit auch im originären Eigeninteresse der Unternehmen.

 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.