Gleichberechtigung zwischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege herstellen – landeseinheitliche Rahmenbedingungen und leistungsgerechte Vergütungsstrukturen festlegen

Jeannine Rösler

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
alle Eltern wünschen sich für ihr Kind eine gute fachliche Betreuung. Sie wünschen sich eine
Betreuung, bei der der Nachwuchs nicht nur emotional gut aufgehoben ist, sondern auch
pädagogisch begleitet und gefördert wird. Für Kleinkinder bis drei Jahren halten wir dafür die
Krippen als Betreuungseinrichtungen vor. Sie unterbreiten im Sinne der frühkindlichen
Versorgung, Bildung und Bindung ein hochqualifiziertes Angebot. Ein zusätzliches,
flankierendes Angebot steht mit der Kindertagespflege bereit. Grundsätzlich haben die Eltern,
die Antragstellerin erwähnt es, die Wahlfreiheit nach §5 SGB VIII.

Meine Damen und Herren,
welche Qualifikation erforderlich ist, um in einer der Kindertagesstätten in Mecklenburg-
Vorpommern als pädagogische Fachkraft tätig werden zu können, ist im KiföG klar definiert.
Die Regel ist hierbei die insgesamt vierjährige Ausbildungsdauer der klassischen
Erzieherausbildung für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen bis 27 Jahre oder die
dreijährige ENZ-Ausbildung für Kinder bis zehn Jahre. Demgegenüber steht eine pädagogische
Grundqualifikation im Umfang von 300 Stunden für Tagespflegepersonen, die keine
entsprechende Vorbildung haben müssen. Das ist mit einer vollzeitschulischen
Erzieherausbildung oder einer ENZ-Ausbildung eben nicht vergleichbar. Selbstverständlich
gibt es auch Tagespflegepersonen, die eine Qualifikation im Sinne des KiföG vorweisen
können, aber die ist im Sinne des SGB VIII eben nicht Voraussetzung, um die Genehmigung
zum Betrieb einer Tagespflege zu erlangen.
Warum sage ich das hier in dieser Ausführlichkeit?
Weil ich mit der Grundaussage Ihres Antrages, es handele sich um gleichwertige Angebote,
nicht ganz mitgehen kann, wenn wir uns die Vorbedingungen anschauen.
Auch Ihre Behauptung im Feststellungsteil Ihres Antrages, dass, Zitat:
„…nach den §§ 23 und 24 SGB VIII die Kindertagespflege gleichberechtigt neben die
Kindertageseinrichtungen treten soll…“
ist für mich nicht haltbar.
In §23 werden vor allem Fragen um Geldleistungen und Beratungsleistungen für
Tagespflegepersonen geregelt, in §24 Fragen der altersabhängigen Betreuung vor allem für
Kinder, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und darauffolgend für Kinder
zwischen einem und drei Jahren, über drei Jahren bis zur Schulpflichtigkeit und der
Hortbetreuung bis Klasse vier. An welcher Stelle Sie hier herauslesen, dass beide
Betreuungsformen gleichberechtigt wären, erschließt sich nicht.
Fakt ist, dass eine Passage in §24 eben nicht für, sondern gegen Ihre Argumentation spricht.
So heißt es in §24 Abs. 3 Satz 3:
„Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert
werden.“
Bei besonderem Bedarf oder ergänzend. Nicht regelhaft oder alternativ.

Meine Damen und Herren,
dass die Zahl der Kindertagespflegepersonen kontinuierlich zurückgeht, könnte auch an
weiteren als den von Ihnen dargestellten vermeintlichen Hauptgründen liegen.
Viele Faktoren spielen eine Rolle.
So kann der Rückgang möglicherweise mit dem fortschreitenden Ausbau an Plätzen in den
Kitas erklärt werden. Ich will hier nur mal die Lage in der größten Stadt des Landes anführen:
In Rostock ist die Zahl der Kindertagespflegepersonen in den letzten acht Jahren um die Hälfte
gesunken – bei steigender Versorgung mit Plätzen in den Kitas, die inzwischen leicht über der
Auskömmlichkeit liegt. Das heißt doch, dass ausreichend Plätze zur Verfügung stehen und das
Angebot von Kindertagespflegepersonen nicht mehr so stark nachgefragt ist wie noch vor einer
Dekade.

Meine Damen und Herren,
die Bezahlung von Kindertagespflegepersonen ist Sache der Träger der öffentlichen
Jugendhilfe und die Bemessung der Entgelthöhe damit Gegenstand kommunaler
Selbstverwaltung. Das ist aus unserer Sicht auch gut und richtig so, denn die Geldleistungen an
die Tagespflegepersonen sind auch abhängig von den vor Ort anfallenden Kosten. Und die sind
beispielsweise in Demmin geringer als in Rostock, wenn wir uns etwa die Höhe der Mieten
anschauen.
Und im Übrigen: Auch die Bezahlung der Fachkräfte in den Kitas ist Sache des jeweiligen
Trägers, auch hier gibt es keine landesgesetzliche Regelung. Es gibt für uns mithin keinen
nachvollziehbaren Grund, warum wir als Land den Kommunen diesbezüglich Vorschriften
machen und in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen sollten.
Meine Damen und Herren,
ich möchte die Gelegenheit noch einmal nutzen, um hier klarzustellen, dass ich die Arbeit und
die Leistung der Kindertagespflegepersonen hoch schätze.
Ich bin überzeugt, sie kümmern sich rührend und intensiv um ihre Schützlinge.
Allein ein Eingreifen des Landes, dass letzten Endes auch finanzrelevant und damit der
Konnexität unterworfen wäre, kann meine Fraktion hier nicht ohne weiteres unterstützen.