Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes an verfassungsgerichtliche Vorgaben und weitere bundesrechtliche Anforderungen zur Bestandsdatenauskunft

Michael Noetzel

Meine Damen und Herren,
es ist ungemein wichtig, dass Gesetze durch die unabhängige Justiz auf den Prüfstand gestellt werden. Wenn das Landesverfassungsgericht, wie im vorliegenden Fall bei der Anforderung von Bestandsdaten durch Polizei und Verfassungsschutz, die Verfassungswidrigkeit feststellt, muss dieser Mangel behoben werden. Und das wurde getan. Das Ergebnis dieses Prozesses, die notwendige Anpassung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes sowie des Landesverfassungsschutzgesetzes an Verfassungsgrundsätze, liegt nun vor. Immer, wenn die Verfassungsgerichte in Bund und Ländern dem Gesetzgeber den Anstoß geben, nachzubessern, ist das Ausdruck einer funktionierenden Rechtsordnung/Gewaltenteilung.

Meine Damen und Herren,
es ist kein Geheimnis, dass ich und meine Fraktion einen kritischen Blick auf Gesetzesverschärfungen haben, die den Sicherheitsbehörden einen scheinbar endlosen Werkzeugkasten an die Hand geben. Aus diesem Grund stimmte die Linksfraktion auch gegen das SOG in seiner derzeitigen Fassung. Und es wird auf den Prüfstand gestellt. Das ist sowohl im Gesetz festgehalten als auch im gemeinsamen Koalitionsvertrag vereinbart worden. Genauso wird es eine Novellierung des Landesverfassungsschutzgesetzes geben. Auch das haben wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen und das werden wir auch tun.

Meine Damen und Herren,
es kommt schon die Frage auf, warum es erst eine Verfassungsbeschwerde braucht, um die Rechtswidrigkeit einzelner Paragrafen festzustellen. Warum fiel dies nicht bereits bei der Erarbeitung des Gesetzes ins Auge?
Warum werden warnende Worte nicht gehört?
Manchmal bekommt man das Gefühl, dass mit der Neufassung von Gesetzen, die die Arbeit der Sicherheitsbehörden betreffen, auch immer Grenzen ausgelotet und ausgereizt werden.
Was ist gerade noch so möglich?
Welche Eingriffsbefugnisse sind gerade noch so mit der Verfassung in Einklang zu bringen? Es entsteht der Eindruck, dass Freiheitsrechte dort leichtfertig geopfert werden, wo technische Möglichkeiten ein vermeintliches Versprechen von Sicherheit vorgaukeln. Ich halte das persönlich für keinen guten Weg. Aus diesem Grund werden wir es immer kritisch begleiten, wenn Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger mit den Exekutivrechten von Polizei und Verfassungsschutz in Einklang zu bringen sind.

Meine Damen und Herren,
man kann sich auch fragen, warum es so lange dauert – knapp 9 Jahre –, bis eine vermeintlich verfassungswidrige Eingriffsbefugnis durch ein Gericht festgestellt und schlussendlich durch den Gesetzgeber behoben wird. Doch die Jahre zogen ins Land, weil das Bundesverfassungsgericht in diesem Zeitraum exakt zu dieser Problematik Entscheidungen traf, die auch unmittelbar Einfluss auf die hiesige Rechtslage hatten. Es wäre wünschenswert, wenn wir schnellstmöglich und nicht erst nach knapp einem Jahrzehnt, eine solche Rechtslücke schließen. Aber auch das dürfen wir zur Kenntnis nehmen und es ist auch gut so: es hat in diesem viel zu langen Zeitraum keinen massenhaften Verstoß gegen die Bürgerrechte gegeben.
Meine Damen und Herren von den Grünen,
das sage ich besonders in Ihre Richtung. Uns liegt hier die Anpassung der Gesetze an die Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes vor [und zwar lediglich zur Frage der manuellen Abfrage der Bestandsdaten. Die in den Anhörungen kolportierten Zahlen von massenhaften automatisierten Datenabfragen sind hier nicht einschlägig und die Materie offenbar von den Angehörten zumindest teilweise nicht richtig erfasst worden. Es ergibt sich doch aus der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage, dass die Anwendungszahlen in den letzten Jahren im Einstelligen bzw. unteren zweistelligem Bereich liegen.
Es ist notwendig, die vorliegenden Änderungen zu beschließen, um die Anforderung von Bestandsdaten durch Polizei und Verfassungsschutz auf rechtssichere Füße zu stellen. Für alles weitere, alle weiteren Ergänzungen, Streichungen, Anpassungen in den Gesetzen wird es, wie ich es in meiner Rede angekündigt habe, noch die Gelegenheit geben. Für einen umfassenden Blick auf das SOG und das Verfassungsschutzgesetz sollten wir uns auch die entsprechende Zeit einräumen. Einzelne Passagen nun noch ergänzen zu wollen, wäre aus meiner Sicht voreilig und würde der Komplexität dieser Gesetze im sensiblen Bereich der Freiheitsrechte nicht gerecht werden.
Meine Damen und Herren,
daher bitte ich um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf und freue mich auf Anregungen für die künftige Evaluierung und gegebenenfalls Novellierung der beiden Gesetze.