Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Landesgehörlosengeld

Steffi Pulz-Debler

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
eigentlich habe ich meinen Ausführungen im Rahmen der
ersten Lesung nichts hinzufügen und kann nur wiederholen,
was ich im Juni ausgeführt haben.
Nämlich, dass die AfD zum wiederholten Male versucht, sich
das Deckmäntelchen des Sozialen umzuhängen.
Im Januar 2020 hat die AfD die Umsetzung ihres
vermeintlichen Anliegens mit einem Betrag in Höhe von 100
Euro gefordert, nun sind es zweihundert.
2020 wie auch in diesem Jahr entbehrt der Betrag jeglicher
Grundlage und ist schlichtweg gegriffen.
Der Betrag, den die sechs Bundesländer zahlen, in denen es
ein Gehörlosengeld gibt, liegt aktuell zwischen 61,30 Euro
und 168,35 Euro, ist in seiner Höhe teilweise auch noch
altersabhängig und wird nur an Gehörlose und Ertaubte mit
einem Behinderungsgrad von 100 Prozent gezahlt.
Das Problem ist also vielschichtig.
Und da es auch schwerste Behinderungen außer durch
Erblindung oder Gehörlosigkeit gibt, stellt sich die Frage, wie
sie mit diesen Betroffenengruppen umgehen wollen.
Das Bundesteilhabegesetz, kurz BTHG, könnte ein richtiger
Schritt sein, wenn es denn vollständig und wie ursprünglich
angedacht, mit den Betroffenen und in deren Interesse und
damit im Interesse des Gemeinwohls umgesetzt werden
würde. Bis dahin ist noch ein Stück des Wegs zu gehen.

Sie, meine Damen und Herren von der AfD, brauchen wir
dazu aber nicht.
Ein Blick in Ihre Partei- und Wahlprogramme reicht aus, um
zu wissen, dass Politik mit und für Menschen mit Behinderung
bei Ihnen keine Rolle spielt.
Auf die Kritik zu Ihren menschen- und behindertenfeindlichen
Äußerungen bin ich in der Ersten Lesung schon eingegangen.
Es bleibt dabei, mit dem Wolf im Schafspelz kommen Sie in
diesem Hohen Hause nicht durch und ich bin mir sicher, dass
auch die Behindertenverbände ihr Spiel durchschauen.
Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Votum: Ablehnung
Begründung: Bereits im Jahr 2020 hat die AfD-Fraktion die Einführung eines Landesgeldes
für hörgeschädigte Menschen in Mecklenburg-Vorpommern beantragt (Drucksache 7/4619).
Der angesprochene Sachverhalt ist somit nicht neu. Des Weiteren werden bereits vorhandene
Unterstützungsangebote für gehörlose und hörgeschädigte Menschen nicht berücksichtigt.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern fördert bereits seit Jahren den Gehörlosen
Landesverband M-V e.V., Zweckbetrieb Dolmetscherdienst für gehörlose und freiberufliche
Gebärdensprachdolmetscher/innen als freiwillige Landesleistung für Einsätze im privaten
Bereich hörbehinderter Menschen, um die Teilhabemöglichkeiten von gehörlosen oder
schwerhörigen Menschen zu verbessern. Ebenso erhalten das Kompetenzzentrum für
Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen im Haus der Begegnung Schwerin e.V. und
HÖRBIKO Neubrandenburg im Rahmen der Förderung der Landesverbände der Freien
Wohlfahrtspflege Landeszuschüsse, um Menschen mit Hörbehinderungen zu beraten. Diese
Zuschüsse sind für Einsätze bei Familien-, Schuldner- und Suchtberatungsstellen,
Informationsveranstaltungen von Vereinen und Verbänden im Rahmen des Ehrenamtes,
Familienangelegenheiten (Hochzeit, Taufe etc.), Wohnungsverwaltungen und Rechtsanwälten
vorgesehen, sofern kein Rechtsanspruch auf Erstattung besteht.
Mit bundesrechtlich einheitlichen Regelungen werden zudem spezielle Leistungen an
Menschen mit einer Hörbehinderung gewährt werden z. B. § 82 des Neunten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB IX - Leistungen zur Förderung der Verständigung).
Mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und den damit einhergehenden Neuerungen
sind auch Leistungsverbesserungen für gehörlose und schwerhörige Menschen verbunden. So
besteht z. B. die Möglichkeit der Kostenerstattung der Gebärdensprachdolmetscher nach § 82
SGB IX bei wichtigen Gesprächen.
Zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags, einschließlich der
Tagesstrukturierung, können zudem Unterstützungsleistungen für den alltäglichen Bedarf
gem. § 78 SGB IX beantragt werden. Diese umfassen allgemeine Erledigungen des Alltags,
wie u. a. die Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche
Lebensplanung oder die Freizeitgestaltung.
Diese Assistenzleistungen beinhalten auch die Verständigung mit der Umwelt (§ 78 Abs. 1 S.
3 SGB IX). Entsprechend kann auch die Gebärdensprachdolmetschung von
Assistenzleistungen nach § 78 SGB IX umfasst sein. Damit werden in Mecklenburg-
Vorpommern auch schwerhörige und gehörlose Menschen in großem Umfang bereits
unterstützt und gefördert.
Zudem ist anzumerken, dass der vorliegende Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von
Landesgehörlosengeld (Landesgehörlosengeldgesetz – LGlGG M-V) von der AfD-Fraktion
lückenhaft und nicht zu Ende gedacht wurde. Es ist z.B. weder dargelegt in welchem Umfang
zweckgleiche Leistungen angerechnet werden, noch ob Erwachsene und Kinder dieselbe
Leistungshöhe beziehen sollen.