Dr. Mignon Schwenke: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Mecklenburg-Vorpommern (Klimaschutzgesetz M-V KSG M-V)

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

meine Damen und Herren,

da sich die Koalitionsfraktionen in der ersten Lesung nicht zu einer Überweisung durchringen konnten, liegt das Klimaschutzgesetz nun in zweiter Lesung vor.

Wir haben die Zeit genutzt, Vereinen und Verbänden die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben und unseren Gesetzentwurf dadurch weiter qualifiziert.

Es gab umfangreiche Ideen und Vorschläge unter anderem durch das IKEM, den BUND, dem Moorzentrum aus Greifswald, dem Verband der kommunalen Unternehmen, dem Verbund der Verkehrsunternehmen oder dem Bauernverband.

Auch mit dem Landesverband der Grünen haben wir uns auseinandergesetzt und diesmal über sinnlose Debatten bezüglich von Plagiatsvorwürfen hinaus, sehr sachlich über den Klimaschutz diskutiert.

Sie haben deshalb einen umfangreichen Änderungsantrag vor sich liegen. Neben den inhaltlichen Punkten, auf die ich gleich zu sprechen komme, hat die Anhörung gezeigt, dass der Landtag der kommenden Legislatur eine sehr große Aufgabe vor sich hat, ein gutes Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen.

Da ich mir sicher bin, dass der Gesetzentwurf auch heute keine Mehrheit finden wird, kann ich nur appellieren, dass sich sowohl die Landesregierung, als auch die Fraktionen bereits jetzt auf den Weg machen.

Denn jeder Monat der vergeht, ohne wirkungsvolle Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen, macht es schwieriger die Pariser Klimaschutzziele und damit die Begrenzung der globalen Erderwärmung um maximal 1,5 Grad, zu erreichen.

Und Kollege Eifler, egal wie Sie sich heute dazu stellen, auch die CDU wird um diese Fragen nicht herumkommen.

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich aber nun zu den inhaltlichen Änderungen kommen. Ich weiß, dass einige unter Ihnen gleich Schnappatmung bekommen werden, aber die Anhörung hat meine Fraktion zu der Überzeugung gebracht, dass das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 einfach zu spät ist.

Unter anderem das IKEM und der BUND plädieren für das Ziel der Klimaneutralität bis 2035. Aber warum? Sind das gegriffene Zahlen, um einen Wettbewerb der Besten Klimaschützer? Nein. Das beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Zielen aus dem Pariser Klimaabkommen.

Das Intergouvernemental Panel on Climate Change hat im Jahr 2018 einen Zwischenbericht veröffentlicht. Dort ist herausgearbeitet, welche Emissionsrückgänge notwendig sind, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Dabei geht es dann um Wahrscheinlichkeitskorridore.

Ich möchte zum Verständnis einmal ein Beispiel geben. Nehmen wir einmal an, dass sich das Ziel gesetzt wird, mit 67 Prozent Wahrscheinlichkeit unter 1,75 Grad zu bleiben. Das wären dann zwar nicht die angestrebten 1,5 Grad, aber immerhin noch deutlich unter 2 Grad.

Dann lässt sich mit Hilfe der Tabelle des erwähnten Zwischenberichtes des IPPC errechnen, dass auf Grundlage des Anteils Deutschlands an der Weltbevölkerung von 1,1 Prozent noch 7,3 Gigatonnen CO2 ab Anfang 2019 zur Verfügung stehen.

Ab 2019 wäre dann eine Minderung der Emissionen von jährlich 6 Prozent notwendig gewesen, um das Restbudget an das Deutschland zur Verfügung steht, bis 2035 zu strecken.

Ab 2036 dürfte Deutschland dann nichts mehr emittieren. Das sind die Fakten.

Und ich gehe nochmals zurück. Es geht in diesem Beispiel darum die Erderwärmung auf 1,75 Grad mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent zu begrenzen. Jetzt werden Sie sich natürlich fragen, warum in unserem Klimaschutzgesetz dann das Ziel der Klimaneutralität ab 2040 gesetzt wird.

Das ist schließlich immerhin 5 Jahre später als eigentlich notwendig.

Hier meine Damen und Herren, müssen wir uns der Realität stellen. Das Erreichen der Klimaneutralität wird Geld kosten.

Mecklenburg-Vorpommern wird allein nicht in der Lage sein, die notwendigen Maßnahmen zu finanzieren. Es wird ein Umdenken stattfinden müssen, sowohl in den Ländern als auch im Bund. Es wird Umbrüche geben.

Uns liegt natürlich am Herzen, dass die Menschen nicht vergessen, sondern unterstützt werden. Ich nehme nur einmal das Beispiel der Eigenheimbesitzer im ländlichen Raum.

Wir haben uns auch nach Rücksprache mit der Arbeitsgemeinschaft Energieeffizienz im Land entschieden, auch im privaten Bereich den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu forcieren. Konkret heißt das, eine Pflicht: Beim Heizungstausch oder nachträglichem Einbau einer Heizung muss ein Mindestanteil von 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden.

Das klingt zunächst einmal nicht viel oder dramatisch. Bei Neubauten wird das auch absolut kein Problem sein. Aber gerade bei älteren Häusern, mit einer schlechteren Energieeffizienz, also hohen Wärmeverbräuchen, sind schon größere Maßnahmen notwendig, um das zu erreichen.

Wir sind uns im Klaren, dass diese Maßnahmen dann mit Förderprogrammen begleitet werden müssen, um soziale Probleme im Zusammenhang mit dem Klimaschutz zu vermeiden.

Das ist insgesamt der Anspruch linker Klimaschutzpolitik. Deshalb haben wir auch nunmehr einen Punkt aufgenommen, der explizit den Gesetzgeber dazu verpflichtet, bei allen Maßnahmen zum Klimaschutz zu beachten, dass sie dem Ziel der Beseitigung von Armut und sozialen Ungleichheiten nicht im Wege steht.

Meine Damen und Herren,

ein weiterer Fakt, den wir nunmehr mit aufgenommen haben, ist der Schutz und die Renaturierung unserer Moore.

Sie haben eine ganz besondere Bedeutung in unserem Bundesland. M-V ist eins der moorreichsten Bundesländer, etwa 13% der Landfläche sind von Moorböden bedeckt.

Nach Angaben des Greifswald Moor Centrums, das im Auftrag des Landwirtschafts-ministeriums 2019 eine Faktensammlung erstellt hat, sind knapp 90% der Moore in M-V entwässert und emittieren deswegen ca. 6 Mio. Tonnen CO2 im Jahr.

Damit machen diese Böden fast 30% der gesamten Emissionen des Landes aus und stellen die größte Einzelquelle von Treibhausgasemissionen im Land dar.

Diese Emissionen aus Moorböden können nur reduziert werden, wenn wir ihre Entwässerung beenden. Da knapp 60% der Moore landwirtschaftlich genutzt werden, ist somit auch eine Umstellung der Landwirtschaft auf alternative Bewirtschaftungsformen für nasse Moore notwendig.

Meine Damen und Herren,

abschließend möchte ich noch auf das Thema Ausbau von Erneuerbaren Energien eingehen. Neben der Verpflichtung für den Bau von Solaranlagen auf Nichtwohngebäuden, haben wir uns dazu entschlossen, dass es an der Zeit ist, ein festes Ziel für den Ausbau der Windenergie zu verankern.

Denn wie eine Kleine Anfrage von mir ergeben hat, sieht es beim Ausbau der Windenergie auch alles andere als rosig aus. Während der Zubau arg ins Stocken geraten ist, gehen beispielsweise dieses Jahr Kapazitäten vom Netz, die dem Zubau der letzten 3 Jahre entsprechen. Und der Bedarf an grüner Energie wird durch die Sektorenkopplung weiter zunehmen. Und so sehr ich nach wie vor hinter der Regionalplanung stehe, braucht es mehr Druck für mehr Flächen für die Windenergie.

Wir haben in unserem Gesetzentwurf nun eine Regelung gefasst, dass 2 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiet für die Windenergie zur Verfügung stehen sollen - Waldflächen und Binnenseen ausgeschlossen.

Ich bin mir natürlich im Klaren, dass der weitere Ausbau der Windenergie nach wie vor heiß diskutiert wird. Und ja, da hilft es auch nicht, dass das Bürger- und Gemeindebeteiligungs-gesetz nach 5 Jahren lediglich in einem Fall erst zur Anwendung kam. Aber ich bin mir genauso darüber im Klaren, dass ohne den Ausbau der Windenergie eine Energiewende und das Erreichen der Klimaneutralität bis 2040 absolute Illusion sind.

Meine Damen und Herren,

auch wenn der Landtag dieses Gesetz heute nicht verabschiedet, wird dieser Entwurf für die neue Legislaturperiode eine Grundlage sein, an die schleunigst angeknüpft werden muss.

M-V braucht ein Klimaschutzgesetz!

Und es braucht ambitionierte Ziele, da ansonsten viele gut gemeinte Maßnahmen im Sand verlaufen und wie bislang nur wenig Wirkung erzielen.

Das können wir uns nicht mehr leisten und es ist gegenüber nachfolgenden Generationen nicht zu rechtfertigen.