Vorhandenes Arbeits- und Fachkräftepotenzial ausschöpfen: „Spurwechsel“ in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen

Steffi Pulz-Debler

Sehr geehrte Frau Präsidentin
liebe Kolleg*innen Abgeordnete,
die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte mit ihrem Antrag erreichen, dass das
Land, also genauer gesagt die Landesregierung, den sogenannten Spurwechsel unterstützt,
also den Wechsel vom Asylverfahren in begrenzte Fachkraft- bzw. Erfahrungstitel mit
Stichtag 29. März 2023, wie es im reinsten bürokratiedeutsch im Gesetz so schön heißt.
Warum Sie sich mit Ihrem Antrag nur auf dieses eine Element des Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung beziehen und die anderen außen vorlassen,
das bleibt wohl Ihr Geheimnis, aber sei’s drum.
Zum Gesetz insgesamt sowie zum Antrag und seinen Unzulänglichkeiten hat der Minister
schon ausgeführt. Ich möchte aus Sicht meiner Fraktion einige Ausführungen bekräftigen und
unsere Position hinzufügen.
Leider mussten wir in den 16 Jahren CDU-geführter Bundesregierungen erfahren, dass diese
Regierungen dem absehbaren Fachkräftemangel nur unzureichend entgegengetreten sind –
das gilt sowohl für die Fachkräftegewinnung im Inland wie auch im Ausland. Im Ergebnis
fehlen der Bundesrepublik Deutschland schon heute hunderttausende Fach- und Arbeitskräfte
und diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken.
Die Anerkennungsverfahren für ausländische Fachkräfte sind in höchstem Maße bürokratisch,
dauern ewig und schrecken eher ab, mit dem Familiennachzug klappt es auch nicht und die
Stimmung im Land ist in zunehmendem Maße nicht einladend, sondern abweisend.
Das sind die Probleme, die die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Wettbewerb
um Fachkräfte nicht gerade zum Ziel und zum Einwanderungsland Nummer eins machen.
Nun will die aktuelle Bundesregierung das ändern, und zudem auch Geflüchteten die
Arbeitsaufnahme ermöglichen. Der Minister hat auch auf die Unzulänglichkeiten des
Gesetzes schon hingewiesen. Der Spurwechsel zum Beispiel gilt nur für Asylsuchende, die
am 29. März 2023 schon bei uns im Land waren und das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge hat weder das Geld noch die personellen und sonstigen Ressourcen, um die
Forderungen des Antrags zu erfüllen.
Wissen Sie, was mich stutzig macht, wenn das BAMF, das jetzt schon unterfinanziert und
überfordert ist, ohne zusätzliche Mittel zusätzliche Aufgaben übertragen bekommt, dann ist
das Vorhaben schon vor dem Start zum Scheitern verurteilt.
Die Bundesrepublik Deutschland kann, wenn alles gut läuft, irgendwann nach der
Anlaufphase vielleicht eine Zahl von bis zu 75.000 Fachkräften pro Jahr erreichen, auf
Mecklenburg-Vorpommern kämen dann vielleicht bis zu 1.500. Uns fehlen aber schon heute
mehr als 30.000 Fach- und Arbeitskräfte und diese Lücke steigt bis zum Jahr 2030
voraussichtlich auf über 40.000.
Was wir also brauchen, das ist ein rigoroses Umdenken. Wir brauchen bessere
Bildungschancen für unsere Kinder und Jugendlichen. An der Stelle ein sarkastisches dickes
Dankeschön an die FDP für die Blockade der Kindergrundsicherung. Wir brauchen bessere
Arbeitsbedingungen in den Unternehmen und Institutionen.
Und wir brauchen eine grundlegende Entbürokratisierung der Zuwanderung in unser Land,
einschließlich eines progressiven Asylrechts.
Was wir nicht brauchen, das sind Ressentiments, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
CDU – diese zu bedienen, das sollten Sie nun wirklich der AfD überlassen – nein, was wir
brauchen, das ist eine echte Willkommenskultur.
Wissen Sie, was ich richtig toll finden würde, wenn wir den Vorschlag des Thüringischen
Ministerpräsidenten umsetzen würden und wir alle Flüchtlinge, die nach 2014 bei uns
angekommen sind und die das wollen und sich in dieser Zeit nichts zuschulden haben
kommen lassen, pauschal anerkennen würden.
Das würde diesen Menschen nicht nur eine lebenswerte Perspektive eröffnen und unsere
Wirtschaft stärken, sondern auch die Ausländerbehörden immens entlasten.
Ihren Antrag, Kolleg*innen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen wir ab.
Vielen Dank.