Tourismus und Gastgewerbe stärken – Mehrwertsteuer dauerhaft absenken

Henning Förster

Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
SPD und LINKE haben sich 2021 bereits im Koalitionsvertrag 2021 zum Umgang mit dem
Thema des vorliegenden Antrages verständigt. In Ziffer 86 heißt es, „Die wegen der Corona-
Pandemie abgesenkte Mehrwertsteuer soll auf dem niedrigen Niveau verstetigt werden, mit
der klar formulierten Erwartung, dass dafür ganzjährige Beschäftigung im Tourismus und
gute Bezahlung umgesetzt wird.“ Die Formulierung fand ihren Weg in das Papier, da sowohl
ich als wirtschafts- und tourismuspolitischer Sprecher meiner Fraktion, als auch meine
Verhandlungspartner auf der SPD-Seite noch unter dem Eindruck der Corona Pandemie und
der damit verbundenen Schwierigkeiten für das Gastgewerbe standen.
Zuletzt angefasst wurde das Thema im vergangenen Herbst. Anfang September hatten sich die
Ampel-Koalitionäre in Berlin im Rahmen des Entlastungspakets darauf verständigt, dass die
7-Prozent-Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants verlängert werden soll. Begründet
wurde dies wie folgt: „Durch die Corona-Pandemie sind Verhaltensänderungen bei den
Verbraucherinnen und Verbrauchern eingetreten, die eine stärkere Substituierbarkeit von
geliefertem oder mitgenommenem Essen und z. B. gelieferten Kochboxen mit dem Essen in
einem Gastronomiebetrieb nahelegen.
Da geliefertes oder mitgenommenes Essen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegt, ist es
zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen geboten, die Steuersatzermäßigung für
Gastronomieleistungen zu verlängern.“ Die aktuelle Regelung gilt bis Ende des Jahres.
Nun stellt sich die Frage, wie es weiter geht. Schaut man auf die Entwicklung in der
Gastronomie nach den Corona Jahren, zeigt sich ein differenziertes Bild. Einerseits berichtete
im Frühjahr letzten Jahres bereits jeder fünfte Betrieb nach Angaben des Hotel- und
Gaststättenverbandes über Umsatzzuwächse von 20 Prozent und mehr, so man annähernd das
Vorkrisenniveau erreicht habe.
Andererseits beklagten, aber auch mehr als 30 Prozent der Betriebe anhaltende
Umsatzrückgänge, insbesondere jene, die stark auf Geschäftsreisende und Tagungsgäste
ausgerichtet sind. Und natürlich spielen massiv steigende Energiekosten, eine gewisse
Zurückhaltung der Kunden sowie wachsende Unsicherheiten in Folge des Ukraine-Krieges
auch in der Gastronomiebranche weiterhin eine Rolle.
All das und die Tatsache, dass solche Entwicklungen im Tourismusland M-V noch einmal
eine besondere Relevanz haben, war Motivation diesen Antrag zu formulieren und zur
Diskussion zu stellen.
DIE LINKE hatte sich zudem in den Koalitionsverhandlungen für ein Förderprogramm für
kleine Gastronomiebetriebe im ländlichen Raum stark gemacht. Denn auch in unserem Land
erleben wir in Dörfern und kleineren Städten ein Kneipensterben.
Das ist insofern auch dramatisch, weil Kneipen eine soziale Funktion haben, die wir
unbedingt erhalten müssen. Kneipen sind Orte der Begegnung, dort spielt sich
gesellschaftliches Leben ab. Wir haben Wort gehalten und dieses Programm gemeinsam mit
der SPD auf den Weg gebracht.
Auch das war bereits eine konkrete Hilfestellung für den Teil der Branche, der oft nicht so
stark im Fokus steht, wie die Hot Spots an Ostsee und Seenplatte.
Die M-V Koalition steht also anders, als es die Mitte-Rechts Parteien in diesem Haus gern
suggerieren durchaus an der Seite der Gastronomen. Wir wollen diese durch eine dauerhafte
Mehrwertsteuerabsenkung entlasten. Was wir aber im Gegenzug auch ganz klar erwarten,
sind weitere Anstrengungen für gute Arbeits- und Entgeltbedingungen der Beschäftigten in
diesem Bereich.
Diese liegen im Übrigen im originären Interesse der Branche. Der Personalmangel ist die
größte Herausforderung, auch in diesem Bereich. Zum Saisonstart 2022 arbeiteten bundesweit
63.000 Beschäftige weniger in der Branche als 2019, also vor Corona.
Gleichzeitig erlernten bundesweit 10.000 Azubis weniger als noch 2019 einen
branchenbezogenen Beruf. Deshalb gilt es, den Weg der letzten Jahre fortzusetzen. Denn ja es
gab massive Tariferhöhungen, auch die NGG sprach letztes Jahr davon, dass der
Einstiegslohn inzwischen flächendeckend oberhalb von 12 Euro liegen dürfte.
Zudem sollte der DEHOGA endlich seine Kampagne zur Aufweichung des
Arbeitszeitgesetzes beerdigen. Die Gewerkschaft NGG warnt vor der Absenkung der
Schutzstandards aus dem Arbeitszeitgesetz.
Das nach Corona verbliebene Personal versucht die entstandenen Lücken so gut wie möglich
zu füllen. Im Ergebnis steigen die Krankenstände und die Berichte zur Überlastung der
Kolleginnen und Kollegen nehmen deutlich zu. Die Branche ist geprägt von Öffnungszeiten
und damit auch Schichten) an 365 Tagen im Jahr.
Diese besonderen Anforderungen brauchen Rahmenbedingungen, die nicht krank machen.
Somit sind die arbeitsmedizinischen und andere Schutzvorschriften für die Branche von sehr
hoher Bedeutung.
Bereits jetzt ist arbeitsmedizinisch belegt, dass das Unfallrisiko in Arbeitsstunde 9 und 10
erheblich steigt. Dazu kommt, dass die Branche durch hohen Zeitdruck im Tagesgeschäft,
körperlich herausfordernden Tätigkeiten sowie teilweise ununterbrochener Emotionsarbeit
geprägt ist.
Und deshalb bleibt es für meine Fraktion dabei. Entlastung und Planbarkeit für die
Gastronomiebetriebe im Tourismusland sowie gute Arbeitsbedingungen und gute Löhne sind
zwei Seiten derselben Medaille. Sie gehören zusammen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!