MdL Wolfgang Griese - Unverzüglich und unumkehrbar aus der Atomenergienutzung aussteigen

Wolfgang Griese

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

„Vor wenigen Tagen war die Atomkraft noch sicher wie das Amen in der Kirche, heute ist sie nur noch sicher wie die Rente!“

Das ist nicht von mir. Dieser Satz stammt vom Moderator des Morgenmagazins von ARD und ZDF am gestrigen Donnerstag. Ich finde diesen Vergleich ziemlich treffen.

Auch wenn es angesichts des unermesslichen Leids der betroffenen japanischen Bevölkerung keinen Grund für Scherze gibt, zeigt dieser Satz – alle Beteuerungen der Atomkonzerne und ihrer politischen Vertreter sind wie eine Seifenblase geplatzt. Man kann ihnen nicht trauen.

Japan droht der Super – Gau. Das Schlimmste, was in einem KKW passieren kann und nach menschlichem Ermessen nicht mehr beherrscht werden kann. Alle Hilfe und internationale Solidarität gilt dem japanischen Volk.

Ich habe größte Hochachtung vor den 50 Menschen, die in Fukushima versuchen zu retten, was kaum zu retten scheint. Ich fürchte, Sie opfern sich, um viele Millionen zu retten.

Manche der Versuche wirken ziemlich hilflos – z.B. Wasser aus einem Hubschrauber gezielt abzuwerfen.

Das ist kein Vorwurf, die 50 tun einfach alles, was ihnen möglich erscheint, so hilflos es auch sein mag. Man kann nur hoffen, dass ihr Einsatz nicht sinnlos sein wird.

Inzwischen ist bekannt geworden, dass die Sicherheitsstandards von der Betreiberfirma auch nicht so genau genommen worden sind. Fukushima sollte gegen Erdbeben der Stärke 8,2 gesichert sein, war aber nur gegen Stärke 7 gesichert. Das aktuelle Erdbeben hatte die Stärke 9,0 Die geforderte Absicherung war deshalb auch nicht ausreichend, aber es wirft ein bezeichnendes Licht auf das Unrechtsbewusstsein der Konzernchefs. 

Und es stellt sich ja die Frage, warum nicht eine Sicherung bis zur Stärke 10 gefordert wird.

Das ist ganz einfach: Die Kosten – Sicherheit kostet. 

Energiekonzerne betrachten wie jeder Unternehmer die Rentabilität. Nur dass eben ein Atomkraftwerk nicht wie jedes andere Unternehmen ist. Aber auch da wird das Verhältnis zwischen Sicherheitsanforderungen und den damit verbundenen Kosten austariert.

Es ist offensichtlich, dass der Natur solche Balanceakte egal sind. Das verbleibende Restrisiko ist eben bei Kernenergie nicht kalkulierbar und deshalb ist es auch nicht vertretbar.

Das lehrt uns Japan.

Mit einer solchen unheilvollen Verkettung von Erdbeben und Tsunamis a la Japan wird in Deutschland nicht zu rechnen sein. Aber andere Auslöser und Verkettungen sind möglich:  menschliches Versagen, Materialermüdungen, Stromausfälle,  terroristische Überfälle.

Die Nutzung von Atomenergie war und ist ein gigantisches Risiko für die Menschheit. Deshalb müssen wir da raus, unverzüglich und unumkehrbar.

Der erste Schritt muss die Rücknahme der Laufzeitverlängerung sein. Das zu tun, sollte eigentlich ganz einfach sein. Vor allem jetzt, da ausnahmslos von allen anerkannt wird: wir müssen schneller die vollständige Umstellung auf erneuerbare Quellen erreichen.

Ich muss schon sagen, der Sinneswandel der Bundesregierung ist schon ziemlich erstaunlich. Ist es da ein Wunder, dass die Mehrheit der Menschen dem nicht mehr traut?

Warum nur ein Moratorium für drei Monate?

Was wissen wir in drei Monaten, was wir nicht schon heute wissen?

Ich halte mich nicht so sehr auf mit den rechtlichen Problemen, die gestern im Bundestag aufgeworfen worden sind. Die sind lösbar. Sie müssen auch gelöst werden, denn Frau Merkel und Herr Westerwelle sind ja keine absolutistischen Herrscher, die die alleinige Entscheidungsgewalt haben dürfen. Aber ich sage es noch einmal, die Probleme sind lösbar.

Viel wichtiger erscheint mir da, die Meinung von Experten, der sich übrigens auch der Umweltminister Niedersachsens von der FDP,  Herr Sander, angeschlossen hat. Sie betonen, dass ein Sicherheitscheck des geforderten und nötigen Ausmaßes mindestens ein Jahr dauert, keinesfalls nach drei Monaten abgeschlossen sein kann.

Also noch einmal die Frage: Was wissen wir in drei Monaten, was wir nicht heute schon wissen?

Also doch nur Beruhigungspille im Wahlkampf?

Die acht Atommeiler, die jetzt vorübergehend abgeschaltet werden sollen, müssen abgeschaltet bleiben. 

Das muss der Beginn des schnellen vollständigen und unumkehrbaren Ausstiegs aus der Atomenergieerzeugung sein. Die Rückkehr zum rot-grünen Atomkonsens reicht nicht.

Und natürlich müssen wir dahin kommen, dass auch in der ganzen EU diese Erkenntnisse reifen. Gleiche Sicherheitsstandards, wie sie jetzt angestrebt werden, sind für mich eine Selbstverständlichkeit. Eine atomare Wolke macht an keiner Landesgrenze halt.

Und selbstverständlich ist es auch erforderlich, die Endlagerfrage anzugehen. Dass das nicht einfach ist, zeigt die Tatsache, dass nirgends auf der Welt ein genehmigtes Endlager besteht. Das ist doch auch völlig verständlich. Niemand will diesen strahlenden und giftigen Müll auf seinem Territorium haben. In der Bundesrepublik auch diejenigen nicht, die die meisten Meiler haben und die vehementesten Befürworter der Atomenergie sind.

Weder rot-grün noch schwarz-rot sind dabei vorangekommen. So wie es jetzt gemacht werden soll, meine Damen und Herren von CDU und FDP, geht es aber auch nicht. Es geht nicht, sich hinzustellen und zu sagen: Gorleben wird es und basta! Zumal belegt ist, dass die Salzstöcke nicht geeignet sind. Eine wissenschaftlich begründete und standortoffene Suche muss es geben. 

Aber auch in dieser Frage ist es dringend erforderlich, dass zunächst mal die Produktion von noch mehr Atommüll gestoppt wird.

Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Deutschland hat gute Voraussetzungen die Energieversorgung durch erneuerbare Energien in relativ kurzer Zeit sicherstellen zu können. Dazu haben mein Fraktionsvorsitzender aber auch der Ministerpräsident in der Aktuellen Stunde gesprochen und Vorschläge für nächste Schritte unterbreitet.

Darauf gehe ich an der Stelle deshalb nicht näher ein.

Die Bevölkerung in Deutschland verlangt den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie. Diese Forderung ist auch unsere.

Dem widmet sich unser Antrag und soll ein Signal des Landesparlaments an die Bevölkerung sein: Wir haben Euch verstanden!

Stimmen Sie unserem Antrag zu!