Handwerk in Mecklenburg-Vorpommern attraktiv und zukunftsfähig entwickeln -

Henning Förster

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
vor einigen Wochen besuchte der Wirtschaftsausschuss des Landtages die Präsidenten und
Geschäftsführer der Handwerkskammern im BTZ in Schwerin Süd. Auf der Tagesordnung
standen sämtliche für diesen Bereich relevante Fragen, von der Nachwuchsgewinnung über
die Fachkräftesicherung und die Sicherung der Unternehmensnachfolge bis hin zu
Förderprogrammen und Möglichkeiten des Bürokratieabbaus.
Diesen Austausch greifen wir heute nun ebenso auf, wie die Ergebnisse der „Struktur-,
Regional- und Potenzialanalyse des Handwerks in Mecklenburg-Vorpommern – Handwerk
2030“, die der Wirtschaftsminister Ende Mai vorgestellt hat.
Ich habe auch in früheren Reden zu diversen Handwerksanträgen hier im Plenum stets betont,
dass das Handwerk in Mecklenburg-Vorpommern unbestritten ein ganz wichtiger Bestandteil
der Wirtschaftslandschaft ist. Es ist stark, traditionell und gleichzeitig innovativ in vielen
Geschäftsfeldern tätig. Mehr als 19.000 Handwerksbetriebe bieten Jobs für mehr als 93.000
Beschäftigte.
Schaut man auf die Seite „Handwerk in M-V“ so liest man von bisher mehr als 460.000
Innovationen und dem Selbstverständnis eine treibende Kraft für die Entwicklung wachsender
Branchen, wie den Erneuerbaren Energien oder der der Gesundheitswirtschaft zu sein.
Dies vorausgeschickt, ergreifen wir nun als Koalitionsfraktionen selbst die Initiative.
Zunächst wollen wir die Meisterförderung fortsetzen. Mit dem Meister-Extra werden wir auch
künftig das persönliche Engagement für die Meisterqualifikation würdigen und einen Anreiz
dafür setzen, sich im Handwerk beruflich fortzubilden.
Wir werden auch in Zukunft für die Meisterausbildung werben und damit sowohl
Karrierepfade als Führungskraft, als auch Perspektiven als selbstständiger Handwerksbetrieb
aufzeigen.
Zudem wollen wir mit den Handwerkskammern erörtern, wie es im Rahmen der
Imagekampagne für das Handwerk gelingen kann, neue Zielgruppen, konkret Frauen und
ausländische Arbeits- und Fachkräfte für eine Tätigkeit im Handwerk zu begeistern, denn mit
aktuell ca. 250.000 offenen Stellen bundesweit ist der Bedarf auch in diesem Bereich hoch.
Mit dem Handwerk verbinden junge Frauen oft noch körperlich schwere Tätigkeiten, wie bei
den Bauberufen. Die Folge ist eine ablehnende Haltung. Handwerk ist aber viel mehr. Denken
wir an die Augenoptikerin, die Orthopädietechnik-Mechanikerin, an die Schreinerin oder
Schneiderin am Theater oder die Raumausstatterin. Es ist oft auch eine Frage der Ansprache,
ob man Frauen für Berufe im Handwerk begeistern kann.
Zudem gilt es Vorurteile und klassische Rollenbilder zu überwinden. Wenn
Unternehmerinnen berichten, dass sie beim Kunden stehen und dann gefragt werden, wo der
Chef ist, zeigt dies, dass es noch lange nicht selbstverständlich und akzeptiert ist, dass eine
Frau ein gewerblich-technisch orientiertes Unternehmen führen kann.
Zum Thema Zuwanderung sind die Statements aus dem Handwerk selbst klar und eindeutig.
Auf den Seiten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks kann man folgendes dazu
lesen: „Wenn Wachstum angeregt und Transformation gelingen sollen, dann ist eine
gesteuerte und mittelstandsorientierte Zuwanderung qualifizierter Arbeits- und Fachkräfte ein
wichtiger Baustein für die Fachkräftesicherung.
Dazu müssen das Zuwanderungsrecht entbürokratisiert und die Verfahren durch effizientere
Verwaltungsstrukturen deutlich beschleunigt werden. Vor allem die kleinen und mittleren
Betriebe des Handwerks müssen regional durch tragfähige Strukturen passgenau dabei
unterstützt werden, ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren, zu
beschäftigten und zu integrieren.“
Ein immer und überall wiederkehrendes Thema ist der Abbau von bürokratischen Hürden.
Wir sind sehr dafür an konkreten Beispielen über entsprechende Möglichkeiten mit den
Kammern ins Gespräch zu kommen.
Wichtig sind meiner Fraktion dabei zwei Dinge. Erstens, wir wollen keine weiteren Konzepte
für die Schublade, sondern konkrete Verabredungen. Lieber drei Maßnahmen, die wirklich
zur Umsetzung kommen, als hundert abstrakte Vorschläge zur Entbürokratisierung. Und
zweitens Bürokratieabbau darf nicht bedeuten, dass zugunsten der Beschäftigten geltende
Regelungen, in Sachen Arbeitsschutz oder Arbeitszeit, aufgeweicht werden.

Meine Damen und Herren,
eine Vielzahl von Handwerksbetrieben steht in den nächsten Jahren altersbedingt zur
Übergabe an. Die Betriebsnachfolge bietet gut ausgebildeten Meistern und
Hochschulabsolventen gute Chancen auf eine zukunftsfähige Existenz. Damit der abgebende
Unternehmer sein Lebenswerk in guten Händen weiß und mit dem potentiellen Erwerber in
einen guten Austausch treten kann, braucht es häufig professionelle Unterstützung.
Um die Unternehmensnachfolge und den damit einhergehenden Generationswechsel zu
unterstützen, haben das Land und die Kammern mit der Bürgschaftsbank M-V einst die
Nachfolgezentrale gegründet.
Dort wird seit Jahren eine gute Arbeit geleistet, nichtsdestotrotz gilt es dieses Angebot noch
besser bekannt zu machen. Im Zuge der Unternehmensnachfolge gibt es viele
organisatorische und psychologische Fallstricke, die dazu führen können, dass die Übergabe
misslingt. Das gilt es zu vermeiden.
Zum Thema Lehrermangel an den beruflichen Schulen im Land muss ich, glaube ich, hier
niemandem groß etwas erklären. Dass dies eine zentrale Herausforderung für die
Landespolitik ist, dürfte sattsam bekannt sein. Vertretungsstunden, Unterrichtsausfall sowie
hunderte Lehrerinnen und Lehrer, die in den kommenden Jahren in den Ruhestand wechseln,
die Baustellen sind bekanntermaßen groß.
Eine Chance das Problem zu entspannen, sind qualifizierte Seiteneinsteiger. Denn viele
Akademiker wollen etwas Anderes machen und streben nach einer neuen Herausforderung.
Berufsschullehrer zu werden, ist da eine gute Idee. So lässt sich fachliche Expertise mit
pädagogischen Aufgaben verbinden. Die Fachlehrer sollen in erster Linie fachpraktische
Lehrinhalte vermitteln. Deshalb ist Erfahrung im Berufsleben gern gesehen. Auch ältere
Beschäftigte haben hier die Chance auf eine herausfordernde neue Tätigkeit.
In der eingangs angesprochenen Struktur-, Regional- und Potenzialanalyse des Handwerks in
Mecklenburg-Vorpommern – „Handwerk 2030“ wird auch das Problem fachlich veralteter
Lehrinhalte in der Ausbildung angesprochen.
Die Herausforderung aus der Sicht des Handwerks besteht hier vor allem darin, die
Lehrinhalte regelmäßig und zeitnah an technologische Entwicklungen anzupassen. Bislang
sind die Abstände zwischen den Überarbeitungen der Lehrpläne zu lang.
Deshalb soll geprüft werden, ob und wie kürzere Überarbeitungszyklen eine schnellere
Anpassung an neue Trends gewährleisten und somit die Zukunftsfähigkeit der
Handwerksberufe stärken können. Zudem müssen in gewissen Abständen auch
Ausbildungsberufe neu konzipiert und aufgesetzt werden, um neuen Entwicklungen
Rechnung zu tragen, so wie es zum Beispiel bei der Verschmelzung der Bereiche Sanitär-,
Heizung, Klima mit dem Thema Elektro zum Gebäudetechniker bereits geschehen ist.
Zu guter Letzt haben wir noch einen weiteren Punkt aus der Studie aufgegriffen. Die Mehrheit
der Handwerksbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt weniger als 5 Personen. 80
Prozent der Betriebe im Land haben weniger als 10 Beschäftigte. Der Anteil der
Soloselbstständigen ist dabei im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders hoch. Viele
dieser Klein- und Kleinstunternehmen nutzen offenbar nur selten bis gar nicht die Beratungs-
und Serviceangebote der Handwerkskammern.
Deshalb sollen Wirtschaftsministerium und Kammern nach unserer Auffassung noch einmal
gemeinsam auf die aktuelle Situation schauen und darüber beraten, wie die bestehenden
Beratungs- und Serviceangebote im Speziellen für Klein- und Kleinstunternehmen optimiert
werden können.
Ich komme zum Schluss. Das Handwerk attraktiv und zukunftsfähig zu entwickeln, bleibt
eine Herausforderung. In unserem Antrag haben wir wichtige Punkte aufgegriffen. Ich freue
mich auf die Diskussion und bitte um Zustimmung.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!