Profite pflegen keine Menschen – endlich Tarifverhandlungen beim Asklepios-Krankenhaus Pasewalk aufnehmen
Zum anhaltenden Konflikt zwischen den Beschäftigten des Asklepios-Krankenhauses Pasewalk und der Geschäftsführung erklärt der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Henning Foerster:
„Die Abgeordneten sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Linksfraktion waren in dieser Woche persönlich in Pasewalk, um sich mit den Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt über den schwelenden Konflikt in ihrem Krankenhaus auszutauschen. Als Zeichen der Solidarität mit den rund 400 Beschäftigten aus dem nicht ärztlichen Bereich wurden dabei auch Unterschriften für die Aufnahme von Tarifverhandlungen gesammelt. Den Appell haben in kurzer Zeit mehr als 250 Menschen unterzeichnet.
Die Botschaft dahinter ist eindeutig. Die Bevölkerung Pasewalks identifiziert sich mit ihrem Krankenhaus. Sie steht hinter den Beschäftigten und ihrer Forderung nach einer fairen Entlohnung. Das haben uns die Gespräche am Infostand und in der Fußgängerzone eindrucksvoll gezeigt. Vor allem Menschen, die in der Klinik arbeitende Angehörige haben, wissen auch um die Wichtigkeit und die Wirkung eines Tarifvertrages. Bei allem gebotenen Respekt vor der Arbeit des Betriebsrates, Verhandlungspartner in tariflichen Angelegenheiten, wie Löhne und Arbeitszeiten sind die Geschäftsführung und die zuständige Gewerkschaft.
Von daher stimmt mich die gestrige Aussage der Geschäftsführung, sich mit dem Betriebsrat auf eine faire Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen einigen zu wollen, wenig zuversichtlich. Das nichtärztliche Personal in Pasewalk leistet die gleiche wertvolle Arbeit wie an vergleichbaren Standorten. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, warum man sich ausgerechnet dort so gegen Verhandlungen sperrt. Für meine Fraktion ist klar, Lohnunterschiede von 30 Prozent sind nicht gerechtfertigt. Eine tarifliche Regelung könnte auch eine schrittweise Angleichung beinhalten, nur muss dazu auch die Bereitschaft bestehen, in Verhandlungen einzutreten.
Das Agieren der Geschäftsführung trägt leider nicht zur Befriedung des Konfliktes bei. Es hat den Anschein, als wolle man um jeden Preis verhindern, dass sich ver.di als zuständige Gewerkschaft um die Anliegen seiner Mitglieder im Pasewalker Klinikum kümmern kann. Wenn das weiter Schule macht, ist es kaum verwunderlich, dass es nicht gelingt die Tarifbindung im Land wieder zu steigern.“
Hintergrund:
- Seit der Privatisierung des ehemaligen Kreiskrankenhauses Pasewalk im Jahr 2000 an den Asklepios-Konzern gibt es für die nicht ärztliche Belegschaft keinen Tarifvertrag mehr. Seitdem werden auch dank der Löhne unterhalb bekannter Flächentarifverträge wie dem öffentlichen Dienst oder privaten Konzernen wie Helios oder Sana hohe Gewinne erzielt.
- Der Asklepios-Konzern hat sich auf den Kauf von mittelgroßen Akuthäusern im ländlichen Raum spezialisiert. Versprochen wird von Privatkonzernen in der Regel mehr Professionalität durch die konzernweite Infrastruktur sowie ökonomische Weitsicht. Das Negative ist, dass Gewinnorientierung durch Outsourcing, niedrige Löhne und Arbeitsverdichtung die Mittel der Wahl sind, um diese ökonomische Weitsicht umzusetzen.
- Im Herbst letzten Jahres stand der OP zwölf Wochen leer. Ver.di bewertet den Vorfall als Zeichen des Missmanagements. Die Outsourcingpläne des Sterilisationsdienstes waren völlig überhastet. Für dieses Missmanagement der Geschäftsführung trägt die Belegschaft keine Verantwortung. Aber die Folgen werden auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen.
- Zum ersten Mal seit dem Kauf des Kreiskrankenhauses werden wohl kein Gewinn erwirtschaftet, vermutlich aus diesem Grund sollen die Löhne nicht angemessen steigen. Eine Steigerung der Entgelte um fünf Prozent im Juli liegt weit unterhalb der Lohnsteigerungen in vergleichbaren Krankenhäusern mit Tarifvertrag. Das nicht ärztliche Personal hat sich im Herbst 2023 organisiert, eine Tarifkommission gegründet und die Forderung aufgestellt: Anwendung des Tarifvertrags öffentlichen Dienst (TVöD-K).
- Die Löhne des nicht ärztlichen Personals würden mit den 5 Prozent weit unterhalb der vergangenen Inflationsraten steigen, so dass die Beschäftigten mit einem enormen Reallohnverlust konfrontiert sind.
- Das ärztliche Personal der Pasewalker Klinik hingegen fällt seit zwei Jahren unter den konzernweiten Tarifvertrag der Ärztegewerkschaft Marburger Bund.
- Der Arbeitgeber wurde Ende Dezember vergangenen Jahres zu Tarifverhandlungen für das nicht ärztliche Personal aufgefordert. Dies wurde abgelehnt. Während also ein Teil der Belegschaft unter den Schutz eines Tarifvertrags fällt, wird der Mehrheit der Belegschaft ein Tarifvertrag verweigert. Es gibt dementsprechend eine 2-Klassen-Belegschaft.
- Seit nunmehr sechs Monaten weigert sich der Arbeitgeber, an den Verhandlungstisch zu kommen. Die Lohnlücken von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu branchenüblichen Tariflöhnen (u. a. TVöD-K oder Tarifverträge im Privatsektor wie Helios) ist für die Beschäftigten nicht länger akzeptabel. Und diese Lohnlücke ist in den niedrigen und mittleren Entgeltgruppen besonders hoch.
- Ver.di verweist zudem auf folgende Absurdität: z. B. in einem privaten Altenpflegeheim in Ueckermünde, das seit zwei Jahren einen ver.di-Tarifvertrag hat, liegen die Entgelte der angelernte Pflegekräfte etwa 300 Euro über den Asklepios-Entgelten. Das war vor einigen Jahren noch völlig unvorstellbar. Damit liegen Entgelte des Ueckermünder Altenpflegeheims fast auf der Höhe vom öffentlichen Dienst in Akutkrankenhäusern.
- Das thüringische KH Stadtroda, das brandenburgischen Fachklinikum oder das Weißenfels KH in Sachsen-Anhalt gehören alle zu Asklepios und haben einen Tarifvertrag, auch für das nichtärztliche Personal. Dazu kommen alle KK in Hamburg. Es ist also keine Konzernentscheidung gegen Tarifverträge, sondern spezielle Einzelfälle.
- Der Gesamtkonzern hat im vergangenen Jahr trotz Inflation und struktureller Unsicherheiten im Gesundheitssektor sowohl seinen Umsatz als auch seinen Gewinn gesteigert. Der Umsatz ist im Geschäftsjahr 2023 um rund 160 Millionen Euro auf etwa 5,45 Milliarden Euro geklettert. Der Gewinn nach Steuern betrug demnach knapp 136 Millionen Euro, nach knapp 132 Millionen Euro im Jahr zuvor. Für das laufende Geschäftsjahr 2024 rechnet Asklepios mit einer stabilen Umsatz- und Ertragsentwicklung.
- Zitat einer Beschäftigten in einem Brief an die Landtagsfraktionen:
„Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Nach meinem Schulabschluss habe ich meine Berufung gefunden und eine Ausbildung am Asklepios Klinikum in Pasewalk absolviert. Mein Bruttogehalt beträgt gerade einmal 2600 Euro. Wie allgemein bekannt sind die Lebenshaltungskosten stetig gestiegen. Mein Lohn entspricht jedoch immer noch meinem Einstiegsgehalt. Miete, Nebenkosten, Spritpreise, Nahrungsmittel oder Urlaub, es gibt keinen Bereich, der von Kostensteigerungen verschont blieb. Außer der Reihe darf nichts passieren, schon hohe Reparaturkosten für das Auto werden schnell zum Problem. Ein Auto ist hier im ländlichen Raum aber kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um beispielsweise zum Dienst zu kommen. Mein Arbeitgeber lehnt Tarifverhandlungen seit Monaten ab. Es sind 400 Beschäftigte betroffen. Sozialpartnerschaft ist in Deutschland doch eigentlich eine demokratische Spielregel. Für das ärztliche Personal gibt es einen Tarifvertrag. Warum nicht für uns Pflegekräfte?“