Landesverfassungsschutz im Blindflug?
Zur heutigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Aufklärung der NSU-Aktivitäten und weiterer rechtsterroristischer Strukturen in M-V erklärt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Michael Noetzel:
„Durch die heutige Vernehmung von Vertretern des Landesverfassungsschutzes wurde zweifelsfrei deutlich, dass die zentralen Akteure aus dem Nordkreuz-Netzwerk einer extrem rechten Gedankenwelt anhingen, lange bevor die menschenfeindlichen Chatgruppen aufflogen. Einzelne der Tag-X-Fanatiker rückten bereits 2016 aufgrund mehrjähriger Aktivitäten in der ultrarassistischen Vereinigung ‚Thule-Seminar‘ in den Fokus der Nachrichtendienste. Dazu kennen wir NS-verherrlichende Äußerungen, die der spätere Nordkreuz-Kopf bereits 2009 im dienstlichen Umfeld der Polizei getätigt haben soll.
Die These von einer von Angst getriebenen Spontanradikalisierung aufgrund eines vermehrten Migrationsaufkommens seit 2015 ist an den Haaren herbeigezogen und nichts anderes als eine Schutzbehauptung. Vielmehr haben die Tag-X-Fanatiker hier ihre Chance auf einen politischen Umsturz und die Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer gewaltvollen Pläne gewittert. Die Chats belegen aus meiner Sicht erschreckend deutlich, zu welchem Zweck innerhalb des Netzwerks Waffen und Munition gehortet und illegal Meldeadressen aus polizeilichen Informationssystemen abgerufen wurden.
Aufgrund der aktiven Beteiligung von Polizisten, Reservisten und Soldaten hält auch der Landesverfassungsschutz das Netzwerk für äußerst gefährlich, war aber offensichtlich zwischenzeitlich im Blindflug unterwegs. Monate vor der ersten Durchsuchungswelle wurde der hiesige Nachrichtendienst von der Informationskette der Bundesbehörden abgeschnitten und nicht mehr über Maßnahmen informiert – sehr zum Missfallen des damaligen Abteilungsleiters. Über die tatsächlichen Gründe können wir an dieser Stelle nur spekulieren. Den Aufklärungsbemühungen rund um das Nordkreuz-Netzwerk könnte dies jedoch abträglich gewesen sein.“