Dobrindt malt die Welt, wie sie ihm gefällt
Zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2024 durch den Bundesinnenminister Alexander Dobrindt erklärt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Michael Noetzel:
„In einer bitteren Wahrheit sind sich Expert:innen und Innenministerien parteiübergreifend seit Jahrzehnten einig: Die extreme Rechte ist die größte Gefahr für unsere offene Gesellschaft und die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Nüchterne Fakten und Statistiken – ob zu Mitgliedschaften in extrem rechten Organisationen oder zur politisch motivierten Kriminalität – untermauern unzweifelhaft diese Einschätzung. Es wäre fahrlässig, wenn ein Bundesinnenminister die Augen vor dieser Gefahr verschließen würde. Doch Alexander Dobrindt verfolgt offenbar eine bewusste Agenda der Relativierung.
Dobrindt malt die Welt, wie sie ihm gefällt. Bereits die selbst gewählte Schwerpunktsetzung bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes ließ den Rechtsextremismus als eine Gefahr unter vielen erscheinen. Doch dass Dobrindt auf offensichtlich irreführende Grafiken zurückgreift, um die Gefahr am rechten Rand kleinzureden, ist besonders schäbig. Da erscheinen bei einem flüchtigen Blick die Balken zum ‚linksextremen‘ Personenpotential dauerhaft über denen im Bereich des Rechtsextremismus zu liegen – erst bei genauerem Hinschauen fällt die abgeänderte Skalierung ins Auge, die das tatsächliche Gefahrenpotenzial durch die extreme Rechte und eine besorgniserregende Entwicklung deutlicher macht.
Diese Relativierungsversuche zeigen, wie weit der Bundesinnenminister von der Realität in Mecklenburg-Vorpommern entfernt ist. Der Nordosten rangiert bei extrem rechten Gewalttaten bundesweit auf Platz 3. Wenn wir die jeweiligen Einwohnerzahlen der Bundesländer berücksichtigen, dürfte M-V diese erschütternde Statistik sogar anführen. Die Menschenfeinde vom rechten Rand zeigen sich hier zudem selbstbewusst und sicher. Am kommenden Wochenende wollen Neonazis Anklam zu einer No-Go-Area machen. Ganz offen werben die Hitlerfanatiker für ein braunes Stelldichein zum Kennenlernen, Quatschen, Einkaufen und Vernetzen.
Ich erwarte, dass ein Bundesinnenminister dieses mörderische Potenzial am rechten Rand ernstnimmt, statt es zu relativieren. Statt Polizeibeamte zum täglichen Rechtsbruch an den Grenzen aufzufordern und Entscheidungen unabhängiger Gerichte infrage zu stellen, muss der Zivilgesellschaft der Rücken gestärkt werden, die sich tagtäglich für den Schutz von Menschenrechten und Demokratie einsetzt. Es braucht endlich ein Demokratiefördergesetz auf Bundesebene, statt Angriffe auf NGO´s durch die Union. Ich setze darauf, dass die Länderkollegen die derzeitige Innenministerkonferenz nutzen, um Dobrindt die tatsächlichen Problemlagen vor Ort näherzubringen und gleichzeitig weitere notwendige Schritte im Kampf gegen die extreme Rechte zu beraten, wie die Prüfung eines Verbotsverfahrens der AfD durch das Bundesverfassungsgericht.“