Regierung zeigt sich wenig interessiert an beruflicher Weiterbildung im Land

Henning FoersterPressemeldungen

Zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Berufliche Weiterbildung für von Arbeitslosigkeit betroffene und dem Wandel in der Arbeitswelt besonders unterworfene Menschen in Mecklenburg-Vorpommern“ (Drs. 7/6184) erklärt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Linksfraktion Henning Foerster:

„Die Antworten der Landesregierung zeugen von wenig Interesse an der Qualifizierung der beschäftigten und arbeitslosen Frauen und Männer im Land,  die sich dem Wandel der Arbeitswelt stellen oder aber erst einmal die Voraussetzungen für einen Wiedereinstieg schaffen müssen. Insbesondere für letztere wurde zum 1. Januar 2019 das Qualifizierungschancengesetz auf Bundesebene in Kraft gesetzt.

Leider müssen wir für die Jahre 2016 bis 2019 feststellen, also noch vor der Corona-Pandemie, dass die Anzahl der geförderten Teilnehmenden sowohl an beruflicher Weiterbildung als auch an geförderter abschlussorientierter Weiterbildung zwar insgesamt gestiegen, die Anzahl der Teilnehmenden aus dem SGB-II-Bereich aber stetig gesunken ist.

Die Landesregierung stellt zudem fest, dass insbesondere das Qualifizierungschancengesetz für kleine Betriebe häufig eine Hürde darstellt. Eine Bewertung wolle man aber nicht vornehmen, da man an der Umsetzung nicht beteiligt sei. Das ist kein verantwortungsvolles Regierungshandeln, sondern Probleme erkennen und aussitzen!

Qualifizierung sei ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung und besonders die Qualifizierung arbeitsloser und langzeitarbeitsloser Frauen und Männer einer der Schlüssel für den beruflichen Wiedereinstieg, hört man ein ums andere Mal von der Landesregierung, aber was rechts und links neben ihr passiert, das interessiert sie nicht. Dabei hat M-V gute Erfahrungen mit der überbetrieblichen Ausbildung gemacht und könnte diese in die Bildung gemeinsamer Schulungsgruppen einfließen lassen. Auch eine Koordinierungsstelle zur Entlastung der Unternehmen wäre denkbar.

Erneut zeigt sich auch an dieser Stelle eine offensichtlich fehlende, abgestimmte Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und der Bundesagentur für Arbeit sowie den Jobcentern, die über die gelegentliche gemeinsame Verkündung des Rückgangs der Arbeitslosenzahlen hinausgeht.“

Hintergrund: 2019 trat das Qualifizierungschancengesetz des Bundes in Kraft. Mit dessen Umsetzung sollte arbeitslosen und arbeitssuchenden Leistungsbeziehern ebenso wie Beschäftigten, die zum Beispiel infolge der Digitalisierung einem Wandel ihrer Beschäftigung besonders unterworfen sind, ein Weiterbildungsangebot unterbreitet werden. Während die Eintritte in entsprechende Fördermaßnahmen im Rechtskreis SGB III (Arbeitslosenversicherung) in den Jahren 2019 und 2020 mit 1.111 bzw. 1.130 Teilnehmenden annähernd konstant waren, sank die Zahl im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) von 102 auf 69. Die Zahl der abschlussorientierten Weiterbildungen ging in beiden Rechtskreisen zurück. Im SGB III Bereich sank sie von 665 auf 649, im SGB II Bereich von 23 auf 20. Auffallend sind die unterschiedlichen Erfolgsquoten. Während Teilnehmende aus dem Rechtskreis SGB III in 93,5 bzw. 94,4% der Fälle ihre Weiterbildungsmaßnahme erfolgreich abschließen konnten, waren es bei Teilnehmenden aus dem Rechtskreis SGB II lediglich 69 bzw. 47,4%.

Schaut man sich an für welche Branchen am Häufigsten Weiterbildung angeboten wurde, so dominierten 2019 und 2020 die Altenpflege mit 350 bzw. 114 Teilnehmenden sowie die Fahrzeugführung im Straßenverkehr mit 215 bzw. 167 Teilnehmenden. Männer wurden dabei in beiden Jahren häufiger gefördert als Frauen, 2019 waren es 4.846 gegenüber 3.812 und 2020 schließlich 3.286 gegenüber 2.900. Problematisch bei der Umsetzung des Gesetzes ist in M-V einmal mehr die kleinteilige Unternehmensstruktur. Kleinere Betriebe verfügen häufig weder über Personalabteilungen noch über eine ausreichende Zahl von Beschäftigten, die zeitgleich zu einem bestimmten Thema weitergebildet werden können. Folglich müssten Maßnahmen betriebsübergreifend geplant und umgesetzt werden, was in der Praxis oft eine zu hohe Hürde darstellt. Hierfür gäbe es Lösungen wie die Organisation unternehmensübergreifender Lehrgänge und eine Koordinierungsstelle zur Entlastung der Firmen vom bürokratischen und sonstigen Aufwand.

Wenig überraschend hat die Corona Pandemie auch massive Auswirkungen auf die Durchführung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gehabt. Viele Maßnahmen konnten nicht angetreten oder mussten ausgesetzt bzw. abgebrochen werden. Ganz grundsätzlich bleibt es aber dabei, dass Weiterbildung eine Schlüsselrolle zukommt. Je besser die Qualifizierung umso so sicherer und besser bezahlt ist häufig der Arbeitsplatz. Und je offener die Unternehmen sich für berufsbegleitende Qualifizierung zeigen, umso attraktiver sind sie als Arbeitgeber.