Fachkräfteproblematik im Tourismus ist zum Teil hausgemacht

Henning FoersterPressemeldungen

Zum Handlungsleitfaden des Hotel- und Gaststättenverbands zur Sicherung von Arbeits- und Fachkräften erklärt der tourismuspolitische Sprecher der Linksfraktion, Henning Foerster:

„Die Corona-Pandemie hat für alle Einschränkungen und Verzicht mit sich gebracht. Das gilt auch für die Unternehmen in unserem Land. Die Pandemie hat aber auch bestehende Probleme und Entwicklungen verschärft und beschleunigt. Es ist richtig, dass insbesondere Unternehmen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe arg mit der Abwanderung von Fachkräften in andere Branchen zu kämpfen haben. Auch das Finden neuer Fachkräfte wird zunehmend schwierig. Der Vorwurf des Hotel- und Gaststättenverbandes, dass die Politik die Branche für den Rest der Wirtschaft geopfert hat und diese Branche für verzichtbar gehalten wird, ist allerdings strikt zurückzuweisen.

Der Fachkräftemangel in der Branche hat vielfältige Gründe. Zum einen ist die Zahl der Schulabgänger in den zurückliegenden Jahren stetig gesunken, das Ringen um junge Menschen hat sich enorm verschärft. Zum anderen sind die niedrigen Löhne dafür verantwortlich. Denn obwohl sich bereits einiges getan hat, sind die Löhne in der Branche nach wie vor unterdurchschnittlich, sowohl im Bundesvergleich als auch im Vergleich zu anderen Branchen. Damit können ‚Nachteile‘, wie permanente Wochenendarbeit, Arbeiten im Sommer sowie in den Ferien und Schichten zu späterer Stunde, nicht ausgeglichen werden. Erschwerend hinzu kam nun noch der Umstand, dass Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt werden mussten. Aufgrund der ohnehin niedrigen Löhne fiel das Kurzarbeitergeld mit durchschnittlich deutlich unter 1000 Euro derart niedrig aus, dass es kaum zum Leben reichte. Auch der Wegfall des wichtigen Trinkgelds verschärfte für viele Beschäftigte die prekäre Lage. Die existenzbedrohende Lage hat dann den Gedanken von vielen Beschäftigten verstärkt, sich in anderen Branchen, wie dem Einzelhandel, umzusehen.

Die Linksfraktion ist sich der Bedeutung des Tourismus für unserer Land bewusst und wird die Branche mit den vielen Beschäftigten nach wie vor mit aller Kraft unterstützen. Insbesondere wenn es um die Gewinnung von Fachkräften geht, wird die rot-rote Landesregierung sich auch um mehr bezahlbaren Wohnraum für die Beschäftigten in touristischen Hochburgen kümmern. Auch die Neuauflage der Neustart-Prämie dient einer Teilkompensation für den Kaufkraftverlust und kann helfen, die Situation der Beschäftigten ein Stück weit zu verbessern. Dieses Hilfsinstrument sollten die Unternehmen dringend nutzen.“

 

Hintergrund. Die Kritik richtet sich hauptsächlich gegen folgende Passage aus dem vorgelegtem Handlungsleitfaden des Hotel- und Gaststättenverband:

„Ganz besonders belastend wirkte sich die Situation auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gastgewerblicher Betriebe aus. In der Krise in monatelanger Kurzarbeit, mit einem de facto Berufsverbot belegt – diese Situation war für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unhaltbar. Die Perspektivlosigkeit, das Sonderopfer und die Aussagen ‘ihr bleibt geschlossen, damit der Rest der Wirtschaft arbeiten kann. Ihr seid nicht systemrelevant und damit verzichtbar‘, haben zu einer regelrechten Flucht aus der Branche geführt.“