Bewertung des Zweiten Nachtragshaushalts 2020

Zum 2. Nachtragshaushalt 2020 erklären die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg, und die finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jeannine Rösler:

Simone Oldenburg: „Meiner Fraktion ist es gelungen, im Nachtragshaushalt Schwerpunkte für ein besseres Leben und Lernen in unserem Land zu verankern. Wir haben im Vorfeld Vorschläge eingebracht, von denen wesentliche Ideen übernommen wurden.

  • Bis einschließlich 2021 wird es ein Schulbauprogramm mit zusätzlichen Landesmitteln in Höhe von 100 Mio. Euro geben. Damit sollen die dringendsten Sanierungsmaßnahmen, Erweiterungen und Neubauten an und von Schulgebäuden möglich werden. Dieses Schulbauprogramm soll in der nächsten Legislatur verstetigt werden.
  • Der Sozialfonds wird um insgesamt 5 Mio. Euro angehoben. Damit wird sichergestellt, dass beispielsweise Ehrenamtliche und Sportvereine, Freizeiteinrichtungen für Familien oder auch Frauenschutzhäuser weiterhin die Möglichkeit haben, Unterstützung aus dem MV-Schutzfonds zu erhalten.
  • Der Sommerferienhort wird auch im Jahr 2021 fortgeführt. Damit können Familien ihre Kinder in den Ferienzeiten täglich über 6 Stunden hinaus im Hort kostenfrei betreuen lassen. Wir wollen versuchen, die kostenfreie Hortbetreuung auf alle Ferien auszuweiten.
  • Besonderen Wert legen wir auch auf die zusätzliche Qualifizierung und Beschäftigung von Arbeitslosen. So sollen vorhandene Arbeitsmarktprogramme, etwa aus dem Qualifizierungschancengesetz und dem Teilhabechancengesetz, gestärkt werden. Mehr Menschen und Firmen müssen von diesen Programmen profitieren können. Genauso wichtig ist aber auch die Unterstützung der Beschäftigungsgesellschaften im Land, gerade vor dem Hintergrund des zu erwartenden Anstiegs der Arbeitslosenzahlen aufgrund der Corona-Pandemie.
  • Auch die Einrichtungen des Kinder- und Jugendtourismus im Land sollen dringend notwendige Unterstützung bekommen. Mit bis zu 5 Mio. Euro soll ein Modernisierungsprogramm aufgelegt werden. Der bauliche Zustand entspricht vielerorts nicht mehr den heutigen Standards. Aufgrund der coronabedingten Einnahmeausfälle sind die Einrichtungen nicht in der Lage, die erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen aus eigener Kraft zu stemmen. Durch die finanzielle Unterstützung können die Einrichtungen gestärkt und modern aus der Krise hervorgehen.

Mit unseren Angeboten können wir in den Bereichen Bildung, Soziales, Infrastruktur, Wirtschaft und Arbeit wichtige Impulse setzen. Gute Arbeit, gute Bildung und gutes Leben für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bleibt unsere Handlungsmaxime – vor, während und nach der Corona-Krise.“

Jeannine Rösler: „Obwohl wir einige unserer Forderungen im Nachtragshaushalt verankern konnten, ist er für uns dennoch kein Grund zu feiern. Mit einer einmaligen Neuverschuldung in Höhe von insgesamt 2850 Mio. (2,85 Mrd.) Euro wird dieser Nachtragshaushalt in die Geschichte des Landes eingehen. Meine Fraktion hat den Ernst der Lage erkannt und wird diesen schweren Weg mitgehen.

Nichtsdestotrotz ist uns klar, dass die Corona-Pandemie schlaglichtartig die Versäumnisse der vergangenen Jahre darlegt. Viele Maßnahmen, die mit dem Nachtragshaushalt beschlossen werden sollen, sind überfällig.

Die Universitätsmedizinen haben einen Investitionsbedarf in Höhe von 360 Mio. Euro angemeldet. Diesen haben sie nicht erst seit 2020. Gleiches gilt für Investitionen für die Digitalisierung auf allen Ebenen in Höhe von über 500 Mio. Euro. Es bleibt mehr als fraglich, wie schnell diese finanziellen Mittel nun umgesetzt werden können, denn nach wie vor gibt es keine digitale Gesamtstrategie der Landesregierung.

Voraussichtlich wird das Land über viele Jahre mit spürbar weniger Einnahmen auskommen müssen. Völlig unterbelichtet bleibt die Frage, wer die enormen auch finanziellen Belastungen am Ende bezahlen muss. Dieses Thema muss unverzüglich auf die Tagesordnung. Hier ist nicht nur der Bund, sondern auch das Land in der Pflicht, Antworten zu finden und zu geben.

Grundsätzlich gilt für alle Ebenen, dass die Einnahmesituation dringend verbessert werden muss. Eine Erhöhung der Steuern ist unumgänglich. Diese muss mit Augenmaß und insbesondere sozial gerecht erfolgen. Wir bleiben bei unserer Forderung, dass sich das Land im Bund endlich dafür einsetzen muss, dass eine einmalige Vermögensabgabe eingeführt und die Vermögenssteuer wiederbelebt wird. Eine Mehrwertsteueranhebung oder die Anhebung anderer Verbrauchssteuern, worüber im Bund schon länger gemunkelt wird, ist der falsche Weg. Das belastet die unteren und untersten Einkommen wesentlich stärker als die Reichen und Superreichen.

Die Landesregierung plant, die aufgenommenen neuen Schulden ab dem Jahr 2025 mit einem jährlichen Mindestbetrag in Höhe von 142,5 Mio. Euro über 20 Jahre zu tilgen. Ob dies machbar ist, wird sich zeigen. Aus unserer Sicht muss das Land auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und entsprechend flexibel reagieren können – wenn etwa die Pandemie noch länger anhält oder andere wichtige Entscheidungen notwendig werden.“