Bericht zur psychosozialen Prozessbegleitung lässt Fragen offen

Jacqueline BernhardtPressemeldungen

Zum Bericht des Justizministeriums zur Evaluation der psychosozialen Prozessbegleitung (Anlage) erklärt die rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jacqueline Bernhardt:

„Es zeigt sich, dass nach der Umstellung des Finanzierungssystems ein deutlicher Rückgang der Fälle zu verzeichnen ist, bei denen eine Prozessbegleitung zustande kam. Der Einbruch erfolgte, obwohl zwischenzeitlich ein gesetzlicher Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung verankert und die Zahl der Prozessbegleiterinnen und -begleiter um mehr als das Dreifache auf 13 erhöht wurde.

Bei der Evaluierung wäre es sinnvoll gewesen, zum Vergleich der Finanzierungsmodelle auch die vier Prozessbegleiterinnen aus dem Modellprojekt in die Evaluation einzubeziehen. Diese haben infolge der Umstellung der Finanzierung auf ein Fallpauschalen-System ihre Tätigkeit aufgegeben.

Der Bericht stellt im Ergebnis richtig fest, dass psychosoziale Prozessbegleitungen künftig nicht mehr auf Antrag, sondern von Amts wegen erfolgen sollten. Darüber hinaus muss aus unserer Sicht wieder die Rückkehr zu einer Stellenfinanzierung erfolgen. Das Gesetz lässt diese Möglichkeit ausdrücklich zu. Wir werden im Rechtsausschuss eine Unterrichtung durch das Justizministerium beantragen und die Stellenfinanzierung erneut einfordern.“

Hintergrund: Im Juli 2010 startete in Mecklenburg-Vorpommern ein Modellprojekt zur psychosozialen Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche. Im Jahre 2016 war in jedem der vier Landgerichtsbezirke eine Sozialpädagogin als psychosoziale Prozessbegleiterin tätig. Die Stellen wurden vom Land finanziert. Zum 1. Januar 2017 wurde bundesweit ein gesetzlicher Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung eingeführt, die Vergütung der Prozessbegleiterinnen und -begleiter von einer Stellenfinanzierung auf eine Fallpauschalen-Finanzierung umgestellt. Die Umstellung der Finanzierung wurde von allen Beteiligten erheblich kritisiert. Die Beiordnungen brachen in der Folge ein. Wurden die vier Prozessbegleiterinnen im Jahre 2015 noch in 113 Verfahren beigeordnet, erfolgte eine Beiordnung der nunmehr 13 Prozessbegleiterinnen und -begleiter im Jahr 2019 nur noch in 30 Fällen.