Tarifautonomie stärken - Tariflandschaft synchronisieren - Gerechtigkeit am Arbeitsplatz sichern - Entbürokratisierung in die Tat umsetzen
Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
Werte Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion,
ich muss Ihnen leider sagen, dass Ihr erster Wirtschafts- bzw. arbeitsmarktpolitischer Antrag hier im Landtag ein Schuss in den Ofen ist. Das Problem was Sie hier vortragen ist an den Haaren herbeigezogen. Es scheint fast so, als ob sie auf Teufel komm raus einen wirtschaftspolitischen Antrag stellen wollten, dass Ihnen der Inhalt dabei egal war.
Sie müssen wissen, dass ich ja durchaus ein selbstkritischer Mensch bin. Ich habe also den Antrag gelesen und dachte im ersten Moment: Oh, das Problem ist bei dir bisher ja völlig vorbei gegangen. Das geht ja so nicht. Also habe ich mich ans Telefon gehangen und den Kontakt zu Wirtschaft und Gewerkschaft aufgenommen. Und was kam dabei raus? Unisono wurde mir von beiden Seiten erklärt, dass es dieses von Ihnen beschriebene Problem nicht gibt. Sie haben also für diesen Antrag ein Problem konstruiert, was nicht da ist. Deshalb ein wirklich gut gemeinter Tipp für die Arbeit im Landtag, reden sie vorher mit den Kammern, mit den Unternehmensverbänden oder den Gewerkschaften. Das erspart im Zweifel eine Bauchlandung hier im Plenum.
Meine Damen und Herren,
ich will aber auch noch auf inhaltliche Denkfehler in ihrem Antrag hinweisen. Sie schreiben zunächst einmal, dass es ja Usus wäre, dass Tarifverträge mit Lohn- und Gehaltsbestandteilen immer zum 01.Januar eines Jahres wirksam werden. Werfen wir ein Blick auf die allgemeinverbindlichen Tarifverträge: Baugewerbe. Gültigkeit ab 01.Mai 2021; Dachdeckerhandwerk gültig ab 01. Februar 2021; Gerüstbauerhandwerk gültig ab 1. Oktober 2021; Maler- und Lackiererhandwerk gültig ab 01. Mai 2021; Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen gültig ab 01. Juni 2021; Gebäudereinigung gültig ab 01. April 2021. Soll ich weiter machen? Denn die Mehrheit der allgemeinverbindlichen Tarifverträge haben keine beginnende Geltung zum 01. Januar. Diesen Irrtum müssen Sie in der Fraktion dann nochmal aufarbeiten.
Und noch ein zweiter Denkfehler zieht sich in Ihrem Antrag durch. Sie schreiben in der Begründung, dass durch die unterschiedlichen Anpassungszeitpunkte ein Unterschied bei der Bezahlung zwischen den Beschäftigten besteht, die Aufträge für die öffentliche Hand ausführen und den übrigen Beschäftigten. Der Fakt, das es womöglich unterschiedliche Löhne gibt, ist richtig. Das aber auf einen unterschiedlichen Anpassungszeitraum zurückzuführen ist wiederum mehr als abenteuerlich. Denn erstens trifft der Fakt, dass der Vergabemindestlohn höher ist als ein bestehender Tarifvertrag nur auf relativ wenige Branchen zu. Also wenn, dann reden wir über nicht tarifgebundene Unternehmen, die dementsprechend aber ja das Problem der tariflich ausgehandelten Lohnsteigerung nicht haben. Und wenn wir über nicht tarifgebundene Unternehmen reden, ja dann hat DIE LINKE eine glasklare Auffassung. Wozu gibt es denn den Vergabemindestlohn? Er soll eine Untergrenze darstellen. Und SPD und DIE LINKE werden diese Untergrenze nach oben setzen. Wir wollen, dass Beschäftigte, die für die öffentliche Hand arbeiten, nicht für einen Hungerlohn arbeiten, der nach 45 Jahren nicht einmal für eine armutsfeste Rente reicht. Da müssen wir doch hinkommen. Und da müssen auch unsere Unternehmen hinkommen. Wir können und werden das nicht akzeptieren, das MV weiterhin der Lohnkeller der Republik ist. Dazu haben wir mit unserem Koalitionspartner ganz klare Vorstellungen. A, ich sagte es schon, über das Vergabegesetz deutliche Anreize für die Zahlung von Tariflöhnen setzen und B die Wirtschafts- und Industriepolitik neu aufzustellen. Mehr Forschung und Entwicklung, mehr Innovationen und so die Qualifikation unserer Unternehmen, damit sie in der Lage sind bessere Löhne zu zahlen. Wenn ihr nächster Antrag dann in diese Richtung geht, würde ich mich freuen. Denn da müssen wir vorankommen und uns nicht mit Pseudoproblemen über Stichtage beschäftigen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Danke für die Aufmerksamkeit!
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Claudia Schreyer
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