MdL Torsten Koplin - Top 31 - Beratung des Antrages der Fraktion der CDU Bessere Ausstattung der Bundeswehr unterstützen
Es gilt das gesprochene Wort!
Landtag Mecklenburg – Vorpommern 08.04.2022
Fraktion DIE LINKE
MdL Torsten Koplin
TOP 31
Beratung des Antrages der Fraktion der CDU
Bessere Ausstattung der Bundeswehr unterstützen
- Drucksache 8/534 -
Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
Anfang März hat der Landtag eine klare Haltung zum militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine eigenommen. Das ist gut. Der hier von der CDU vorgelegte Antrag spricht eine andere Sprache. Er stimmt ein in die brandgefährliche Aufrüstungseuphorie, die sich überall breit macht. Die LINKE steht zu dem gesetzlichen Verteidigungsauftrag nach Artikel 87a des Grundgesetzes. Mit dem vorliegenden Antrag soll hingegen endgültig der Weg geebnet werden von einer Verteidigungsarmee zu einer invasionsfähigen Armee.
Meine Damen und Herren,
die LINKE unterstreicht, dass der Bundeswehretat jährlich und kontinuierlich angestiegen ist.
Wenn es dennoch Ausrüstungsprobleme gibt, dann ist zu vermuten, dass sich hierbei massive Lobbyinteressen gegen den tatsächlichen Bedarf durchgesetzt haben. Auch die 2 Prozent Steigerungserzählung geht an tatsächlichen Vereinbarungen vorbei und folgt vielmehr der von Expräsident Trump gezogenen Schleimspur. Und die LINKE lässt es sich auch nicht nehmen, auf die Zusammenhänge zwischen sogenannter Zeitenwende, Aufrüstungssondervermögen und den gewaltigen Kursausschlägen an den internationalen Börsen zu verweisen.
Meine Damen und Herren,
vor all diesen dramatischen Entwicklungen gäbe es doch nur den Appell an beide Seiten zu unverzüglichen ernsthaften Friedensverhandlungen. Warum aber wird davon bis heute abgesehen? Cui bono? Stattdessen wird an einer Waffenexport- und Sanktionsspirale ohne Gleichen gedreht, koste es, was es wolle. Es werden Aufrüstungsträume zu neuem Leben erweckt, die bis zur sogenannten Zeitenwende unaussprechlich waren. Es werden Militärbündnisse mit altem Geist beatmet, die bereits für hirntot erklärt wurden.
Und es werden Maßnahmen in die Wege geleitet, für die weder Bundesregierung noch Bundestag je ein Wählermandat erhalten haben.
Meine Damen und Herren,
wer auch immer den vorliegenden Antrag formulierte, der hatte jedenfalls keine Friedenstaube in der Hand, sondern wohl die Pikkelhaube auf dem Kopf. Es ist ein sich selbst quälender Antrag, voller Zweifel einerseits, denn man war an der vorgeblichen Misere selbst beteiligt, und voller Radikalität andererseits, denn ohne Last der Verantwortung gleitet die Feder umso leichter. In militärischen Fragen ist ein derartiger Gemütszustand hoch gefährlich.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich meine ernsten Bedenken gegen den Antrag in vier Punkten zusammenfassen.
Erstens scheint die CDU auf Bundesebene das Thema nicht annähernd so ernst zu nehmen wie unsere CDU-Landtagsfraktion. Bei Debatten um Sondervermögen und Grundgesetzänderungen ist die Rede von Spielfeld, von Ersatzbank oder von aufs Feld zu holende Ersatzspieler, die vielleicht gar keine Lust auf Erfolg haben. Für Friedrich Merz ist das Ganze wohl ein Spiel mit ungewissem Ausgang, ein normaler Machtpoker also. Die CDU-Landtagsfraktion möchte hier vorauseilend Nägel mit Köpfen machen. Das sollten wir nicht tun.
Der zweite Ablehnungsgrund ergibt sich für uns aus den im Antrag genannten bzw. nicht genannten Jahreszahlen. Ein Antrag zur Bundeswehr, der nach dem Jahr 1990 erst wieder die Jahre 2008 und 2014 kennt, der ist im besten Falle dümmlich. Wer von geopolitischen Interessen spricht und das Jahr 1999 verschweigt, der ist berechnend und gefährlich.
Meine Damen und Herren,
ich spreche hier von dem völkerrechtswidrigen Angriff der NATO auf Jugoslawien am 24. April 1999. Ich spreche von den 78 Bombennächten, an deren die Bundeswehr maßgeblich beteiligt war, allerdings aus sicherer Höhe. Ich spreche von der deutschen Initiative zur Abschaltung der Signale des jugoslawischen Fernsehens, worauf die ARD-Tagesschau vermelden konnte: „Bilder von getöteten Zivilisten und verwüsteten Wohnhäusern werden künftig nicht mehr zu sehen sein.“
Cui bono?
Drittens, meine Damen und Herren,
kann man den Traditionserlass der Bundeswehr vom März 2018 nicht stillschweigend umschiffen, wenn man die Bundeswehr wirklich unterstützen will. Trotz der Vorfälle im Kommando Spezialkräfte oder um den Bundeswehroffizier Franko A. ist es diesbezüglich immer noch nicht gut bestellt um die Bundeswehr.
Meine Damen und Herren,
im von der Bundeswehr geführten NATO-Bataillon in Litauen ist es bekanntlich im Juni letzten Jahres zu Exzessen und extremistischen Verhaltensweisen unter dem Absingen rechtsextremistischer und antisemitischer Lieder gekommen. Truppenteile mussten nach Deutschland zurückbeordert werden. Auch der Beutelsbacher Konsens erscheint im Zusammenhang mit der Bundeswehr vor diesem Hintergrund in anderem Licht.
Meine Damen und Herren,
Tradition, Bundeswehr, Waffenexporte in die Ukraine, dieser Komplex verdunkelt sich, wenn man das Asow-Regiment in den Blick nimmt, also das ukrainische Söldnerregiment, welches unter Symbolen wie SS-Totenköpfen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen begeht. Künftig auch mit Waffen der Bundeswehr? Sagen wir später nicht, davon nichts gewusst zu haben.
Meine Damen und Herren,
mein letzter Ablehnungsgrund müsste von jedem einzelnen Parlamentarier geteilt werden.
Der Begründungstext ist durchtränkt von einer parlamentsfremden bis parlamentsfeindlichen Rhetorik. Man fühlt sich versetzt in geheime Absprachen eines Generalstabes. Auf dem Kasernenhof sind bereits die schweren Stiefel aufmarschierender Truppen zu vernehmen.
Da ist die Rede von systemischen Dysfunktionalitäten in der Ministerialbürokratie des Verteidigungsministeriums, für einen Landtag übermütig bis anmaßend. Von systemischen Dysfunktionalitäten im politischen Prozess können wohl auch nur Außenstehende berichten.
Meine Damen und Herren,
wer hat Ihnen den folgenden Satz auf´s Papier diktiert: „Gelingen kann dies nur, wenn bisher bestehende Widerstände insbesondere seitens eines Teils der politischen Akteure überwunden werden.“ Es stockt einem der Atem. Das Agieren unterschiedlicher politischer Akteure hat für mich bisher zum Kernbestand parlamentarischer Demokratie gehört. Hier spricht der Antrag eine mehr als befremdliche Sprache. Fordern sollten wir vielmehr die unverzügliche Rückkehr an den Verhandlungstisch und die Aufnahme von ernsthaften Friedensgesprächen.
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