Henning Foerster zu Schiffbau als traditionellen Kern und wesentlichen Wirtschaftszweig in Mecklenburg-Vorpommern stärken – Maritimes Zukunftskonzept erarbeiten
Es gilt das gesprochene Wort!
Landtag Mecklenburg-Vorpommern 06.04.2022
Fraktion DIE LINKE
MdL Henning Foerster
TOP 10
Schiffbau als traditionellen Kern und wesentlichen Wirtschaftszweig in
Mecklenburg-Vorpommern stärken – Maritimes Zukunftskonzept erarbeiten
- Drucksache 8/420-
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
was Regierung und Opposition sicherlich eint, ist die Überzeugung, dass die maritime Industrie eine besondere Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern hat. Im Vor – Corona Jahr 2019 erwirtschafteten 37.500 Beschäftigte in mehr als 2.000 Betrieben aus den Bereichen Schiff- und Bootsbau, maritime Zulieferindustrie, Schifffahrt und Häfen, Offshorewind, maritimer Tourismus, Fischerei und Marine bei einem Umsatz von etwa 6,6 Milliarden Euro eine Wertschöpfung von 2,5 Milliarden Euro. Das zeigt, welches Potential in diesem Wirtschaftsbereich besteht.
Gleichzeitig wissen wir um die Entwicklungen der letzten 2 Jahre. Der Traum vom Kreuzfahrtgeschäft mit überdimensionierten Riesenschiffen als Basis für dauerhafte und gut bezahlte Beschäftigung ist infolge der Insolvenz der M-V Werften und ihres Mutterkonzernes erst einmal geplatzt. Momentan bestimmt akutes Krisenmanagement den Alltag des Insolvenzverwalters und des Wirtschaftsministeriums.
Und jetzt rächt sich, dass der Blick nach links und rechts, also über das Thema Kreuzfahrt hinaus, jahrelang ausgeblieben ist, ja regelrecht verpönt war. Insbesondere die CDU und ihr Wirtschaftsminister a.D. Harry Glawe haben bis zuletzt allein auf das Engagement von GENTING gesetzt. Von daher ist es schon mutig, sich heute hier hinzustellen und von der Notwendigkeit eines maritimen Zukunftskonzeptes zu fabulieren. Man kann das ganze natürlich auch positiv deuten. Dann müsste ich formulieren, dass der Kollege Waldmüller zu den Politikern gehört, die offenbar ihre eigenen Positionen konsequent hinterfragen und dann auch einräumen, dass sie viele Jahre auf dem Holzweg waren.
Das scheint jetzt auch beim Thema maritimes Zukunftskonzept der Fall zu sein. Denn bereits seit 2014 und dann immer wiederkehrend, hat meine Fraktion ein maritimes Zukunftsforum angeregt. Im Ergebnis sollte ein maritimes Konzept, genannt Masterplan maritime Industrie entstehen. Vielleicht erinnert sich Herr Waldmüller nicht mehr daran, dass sämtliche Anträge nicht nur nicht überwiesen, sondern abgelehnt wurden.
Und die Begründung von damals möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Ich zitiere also beispielhaft einmal aus dem Plenarprotokoll vom 12. Dezember 2014:
„Ich sage Ihnen aber, wenn sich die damalige Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern vor 15 Jahren, also am 12. Dezember 1999, auf einen „Masterplan Maritime Wirtschaft“ verständigt hätte, dann hätte da möglicherweise noch der Containerschiffbau höchste Priorität eingeräumt bekommen. Bedenken Sie bitte, welche Entwicklung es zwischenzeitlich gegeben hat. Ein ‚Masterplan maritime Industrie‘ wird genau aus diesem Grund nicht funktionieren. Die maritime Industrie agiert auf einem dynamischen und global ausgerichteten Weltmarkt. Künftige Entwicklungsrichtungen sind hier nur sehr schwer vorhersagbar. Es ist eben kein Markt mit staatlicher Regulierung wie die Gesundheitsbranche. Die Realität für die maritime Industrie lässt sich deshalb nicht mit planwirtschaftlichen Gedanken bändigen. Hier zählt knallhart und härter als in anderen Branchen die Realität des Marktes.“
Und weiter: „Das mag man bedauern, aber selbst mit dem ausgefeiltesten Masterplan wird man daran nichts ändern können. Hätte die maritime Wirtschaft eine marktwirtschaftliche Orientierung nicht längst vorgenommen, dann würden in M-V statt Konverterplattformen vielleicht planwirtschaftlich empfohlene Containerschiffe hergestellt. Sie werden in Südostasien allerdings mittlerweile längst zu einem Bruchteil etwaiger hiesiger Kosten produziert. Kurzum, wir sind nicht der Auffassung, dass planwirtschaftliche Instrumente irgendeinen Nutzen für die maritime Industrie haben, eher im Gegenteil.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich stelle also fest, dass die CDU Fraktion ihre Auffassung zu einem maritimen Zukunftskonzept geändert hat und verzichte darauf, sie mit weiteren Zitaten aus der Vergangenheit zu quälen. Denn das ist ja immerhin ein Fortschritt. Die rot-rote Landesregierung wird mit den Partnern in der Wirtschaft ein maritimes Zukunftskonzept erarbeiten. Genau jenes Papier, welches das CDU geführte Wirtschaftsministerium 15 Jahre nicht zustande gebracht hat.
Jetzt in der Opposition kann es Ihnen dagegen gar nicht schnell genug gehen. Wie glaubwürdig das ist, mag jeder für sich selbst beurteilen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Eiertänze, die Sie hier vollführen in der Branche bei vielen mit Kopfschütteln registriert werden.
Meine Damen und Herren,
die Landesregierung hat sich in Zeile 357 bis 360 des Koalitionsvertrags darauf verständigt, ein maritimes Zukunftskonzept zu erarbeiten. Und selbstverständlich werden wir diesen Koalitionsvertrag umsetzen.
An das akute Krisenmanagement, mit der Errichtung und Ausfinanzierung von Transfergesellschaften, der Sicherstellung des Ausbildungsabschlusses für die Lehrlinge auf den Werften, der Begleitung des Insolvenzverfahrens, den Gesprächen mit betroffenen Zulieferunternehmen und interessierten Investoren für die einzelnen Standorte wird sich eine Zukunftsdebatte anschließen. Wir glauben an das Potential der maritimen Wirtschaft.
Wachsende Klima- und Umweltanforderungen, erfordern Umrüstungs- und Modernisierungsarbeiten. Antriebe müssen ebenso erneuert werden, wie ganze Flotten. Offshore- Plattformen sind weiterhin ein wichtiges Puzzleteil für das Gelingen der Energiewende. Behördenschiffe für Zoll oder Bundespolizei und Forschungsschiffe sind ebenso vorstellbar. Einzelne Standortkommunen erwägen zudem nach Flächenerwerb um die Werfthallen herum, maritime Gewerbeparks, mit mehreren Standbeinen zu entwickeln. In der Krise liegt also auch eine Chance.
Dafür gilt es allerdings insbesondere die offenen Fragen zur Finanzierung zu klären. Nahezu alle Experten haben im Wirtschaftsausschuss vor 14 Tagen darauf hingewiesen, dass Schiffbau in Deutschland wohl nicht ohne staatliche Unterstützung denkbar ist. Auch der Wirtschaftsminister hat letzte Woche noch einmal deutlich gemacht, dass es nicht an Ideen, technischen Möglichkeiten oder qualifiziertem Personal mangelt, sondern die Finanzierung oft genug, wenn es zum Schwur kommt, die Hürde ist über die wir nicht rüber kommen.
Deshalb ist es gut, wenn jetzt Gespräche mit dem Bund laufen, die eine Finanzierung beispielsweise für die Werften aufzeigen, die hier in M-V perspektivisch Plattformen bauen könnten. Vielleicht kann man in dem Kontext auch noch einmal besprechen, wie eine Förderkulisse zur Umrüstung von Binnenschiffen aussehen könnte. Denn auch diese gibt es aktuell schlicht nicht.
Ich komme zum Schluss und möchte in Richtung der antragstellenden Fraktion noch folgendes loswerden. Anders als die CDU in den letzten drei Wahlperioden pflegen wir einen anderen Umgang mit der Opposition. Wir haben bereits nach 3 Monaten mehr Anträge zur weiteren Beratung überwiesen, als sie in einer ganzen Wahlperiode. Wir verschließen uns gutem fachlichem Input nicht. Dieser Antrag bringt aber keinen Mehrwert, da alles was hier drin steht bereits vereinbart ist und einige Prozesse bereits laufen. Daher lehnen wir ihn, bei aller Freude darüber, dass auch die CDU in einem maritimen Zukunftskonzept kein planwirtschaftliches Instrument mehr sieht, ab.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
PRESSEKONTAKT:
Claudia Schreyer
Pressesprecherin
Tel. 0385 / 52 52 502
Fax 0385 / 52 52 547
E-Mail: presse@dielinke.landtag-mv.de